Freitag, 24. Oktober 2014

wegmarken.salon mit Seppi Sigl


In der Trumerei in Salzburg Lehen treffen Tradition auf Innovation, Eiche auf Estrich, Bierfreunde auf Vielfalt – und wegmarken auf Seppi Sigl. Im Gespräch mit Franz Wührer spricht der 32-jäghrige Geschäftsführer der Trumer Privatbrauerei über Innovationen am Biermarkt, Genuss versus Preisdumping und die Herausforderungen, ein derart renommiertes Familienunternehmen vom Vater zu übernehmen.

Seppi Sigl (re) im Gespräch mit Franz Wührer.
„Bestes Pils der Welt“, „Bestes Pils Europas“ und „Schönstes Bierglas der Welt“ – das sind nur drei der Auszeichnungen, die die Trumer Privatbrauerei in den vergangenen Jahren verliehen bekam. Neben einem Fixplatz am lokalen Biermarkt schaffte das Unternehmen es so mit seinen Produkten in den internationalen Vertrieb, in eine amerikanische Brauerei und in das Museum of Modern Art in New York. Die Latte steckt hoch, als Seppi Sigl Anfang 2014 das 413-jährige Unternehmen von seinem Vater übernimmt.

Seppi Sigl wächst in Obertrum auf, bezeichnet sich selbst als echten „Oberigine“, besucht dort die Volksschule und später das Neusprachliche Gymnasium in Salzburg. „Für den musischen Zweig habe ich die Aufnahmeprüfung nicht geschafft, das hatte vielleicht auch seine Gründe“, sagt Sigl schmunzelnd. „Danach die Tourismusschule zu besuchen, war ganz allein meine Idee. Im Zuge dieser Ausbildung konnte ich Auslandspraktika in Italien, England und Spanien machen – diese Erfahrungen waren für mich schon in der Schulzeit spannend“. Auch im Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien verzichtet er nicht auf das Lernen im internationalen Rahmen. „Mein Auslandssemester in Spanien war im Grunde ein Spanischkurs - und ein bisschen wie ein langer Urlaub. Das war schon eine lustige Zeit. Danach ging es wieder zurück nach Wien und ich merkte, dass ich noch einmal weg wollte. Ich habe mich an der Kopenhagener Business School beworben. Und das war dann auch inhaltlich eine unglaubliche Zeit. Es ist ein irrsinniger Geist, mit dem gearbeitet wird, das war wirklich motivierend und inspirierend. Nach dem Abschluss der Uni in Wien bin ich direkt nach Berlin gezogen, um einen Braumeisterkurs zu besuchen.“ Damals hat sich für Sigl bereits abgezeichnet, dass er das Familienunternehmen in absehbarer Zeit führen würde.

Die Trumerei in Lehen zieht den Spannungsbogen von der Tradition ins Moderne.

„Das ist ein sogenannter Schnellsiedekurs, man schließt nicht als Diplombraumeister ab. Dennoch war es wichtig für mich und auch spannend, mit Studierenden aus Ländern wie Brasilien, Chile oder Japan zusammenzuarbeiten. Natürlich habe ich mir auch Berlin intensiv angeschaut und Inspiration geholt“, erzählt der 32-Jährige und in seinen Augen leuchtet etwas Spitzbübisches auf. Bevor er in die Heimat zurücksiedeln möchte, will er sich noch in der Praxis erproben. In Hamburg entwickelt er bei „Karlsberg Deutschland“ eine Strategie für eine eigene Kreativbrauerei, wo man eigenes Bier brauen kann. Die Trumer Privatbrauerei bietet diese Möglichkeit bereits seit 15 Jahren, erzählt er in einem Nebensatz und weist auf die Innovationsfreude im Familienunternehmen hin.

Nach dieser Station spürt Sigl seine innere Bereitschaft zurückzugehen und mit seinem Vater Josef Sigl noch zwei Jahre – bis zu dessen Pensionierung und Rückzug aus der Brauerei – parallel zu arbeiten. „Die Übergabe in einem Familienunternehmen ist ja eines der herausforderndsten Dinge – und ich muss sagen: es hätte nicht besser laufen können. Ich habe zuerst nur einen Teil des Marketing übernommen, die Unternehmensführung wird bei uns über einen Führungskreis abgewickelt, Teil welchen ich damit wurde. Mein Vater hat seine Rolle als Letztentscheider immer in einem sehr kollegialen und teamfähigen Miteinander ausgeführt. Überrascht hat er mich nur, als er mir schon am zweiten Tag die Geschäftsführung übergeben wollte. >Wart ein bisserl< hab ich zu ihm gesagt und dann hat er sich wieder beruhigt und mir den Freiraum gegeben, mich erst Schritt für Schritt einzuarbeiten“, lacht Sigl. Sein Resümee von der Übergabe zieht er äußerst positiv: „Ich glaube, besser hätte es gar nicht laufen können." 

Auf die Frage, ob er denn nie unter einem Druck der Eltern gelitten habe, sagt er: „Meine Eltern haben mich zu nichts gezwungen. Allerdings ist oft der indirekte Druck, nicht enttäuschen zu wollen, viel größer als jener, wenn einem wer vorschreibt, was man zu tun hat. Ich hatte schon auch Phasen, in welchen ich diesen Weg hinterfragt und daran gezweifelt habe. Zum Beispiel als ich in der Studienzeit durch eine Mathematikprüfung durchgefallen bin, war ich unsicher, ob ich wirklich ein Unternehmer sei. …aber ich habe das schon dann für mich auch gespürt, dass es so passt.“ Die Trumerei wurde nicht zufällig als Veranstaltungsraum für den wegmarken.salon gewählt, sagt Franz Wührer und will mehr über dieses Lokal im Herzen von Lehen wissen. „Die Idee für einen Biershop war schon lange da. Plötzlich tauchte das neue Stadtwerk als Location auf – und auch der Name ergab sich eher zufällig, nämlich durch einen Versprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer, der sich in einer Ansprache bei der Trumer Privatbrauerei bedanken und dabei aus Versehen das Wort >Trumerei< kreiert hatte. Mein Vater und ich haben uns damals angesehen und wir dachten: nicht schlecht!“ Die Holzvertäfelung – ein 84-jähriges Original aus dem vormaligen Platzlkeller – steht sinnbildlich für die Tradition der Brauerei seit 1601. Durch die moderne Innenarchitektur, die offene Küche, die Eichenmöbel, die regionale Küche und das einzigartige Konzept wird der Spannungsbogen zur Innovation hergestellt, erklärt Sigl.

Angeregtes Gespräch im wegmarken.salon mit Seppi Sigl.

„Wir sind zwar regional schon auch im Einzelhandel vertreten, aber viel stärker in der Gastronomie. Unsere Idee war es also, einen Shop zu machen, wo man spezielle Biere kaufen kann, das Trumer Pils genauso wie gute Biere anderer Marken.“ Auf Vielfalt setze man deshalb so stark, sagt der Unternehmer, weil man dem Preisdumping entgegenwirken wolle. Es ginge nicht um mehr Bier für weniger Geld – sondern um Genuss. Die Bierkultur sei in einem Wandelprozess und immer mehr Menschen würdigen das Bier, so wie Weinliebhaber den Wein würdigen. „Seit 20 Jahren gibt es die Craft-Beer-Bewegung, bei der es darum geht, diverse Biere anzubieten und Metropole zu zerschlagen. Mittlerweile schaut Deutschland und Österreich bei diesen Trends auf die USA – das ist fast absurd und hätte sich wohl niemand gedacht.“ Wenn Sigl auf die USA sieht, sieht er unter andrem eine Trumer Brauerei. In Berkeley, Kalifornien, nämlich, wo mit einer Trumer-Lizenz Bier braut.

„In den kommenden zehn Jahren wird sich – und werden wir – die Bierkultur verändern, man wird Bier anders konsumieren. >Geiz ist geil< ist vorbei, ich bin ein großer Anhänger von kleinstrukturierten Wirtschaftsbetrieben. Man spürt da eine ganz andere Lebensfreude.“ Sigl glaubt an die Bierkulturrevolution, dennoch bleibt er realistisch: „Natürlich wird es auch immer Menschen geben, für die die Quantität mehr zählt als die Qualität... aber bei Vielen wird der Genuss im Vordergrund stehen. Es gibt mittlerweile um die 700 ausgebildete Biersommeliers in Deutschland und Österreich. Vor dem Sommer haben wir beispielsweise das Trumer Hopfenspiel auf den Markt gebracht. Dieses Bier ist leicht und erfrischend wie ein Radler, aber kommt ganz ohne Zuckerzusatz oder künstliche Aromen aus. Die Geschmacksnote kommt alleine vom Hopfen“, sagt Sigl mit sichtbarer Begeisterung. Begeisterung, die er kurz darauf mit unseren Gästen des wegmarken.salons bei einer Kostprobe teilt.

Leicht und fruchtig: das "Trumer Hopfenspiel" spiegelt die Innovationsfreude des Unternehmens wider.


Wir bedanken uns herzlich bei Seppi Sigl für das spannende Gespräch, bei unseren Gästen und wegmarken.freunden für die interessanten und interessierten Fragen und bei Michael Kaiser und seinem Team für die köstliche Versorgung in der Trumerei!