Montag, 25. Juni 2012

Der Geheimnis-Krämer

Im November 2004 hatte Frank Warren eine verrückte Idee. Er druckte 3000 an sich selbst adressierte Postkarten aus, verteilte sie in der Straßen von Washington DC und bat die Menschen, denen er die Karten in die Hand drückte, anonym ein Geheimnis mit ihm zu teilen, das sie noch nie zuvor jemandem erzählt hatten. Tatsächlich kamen viele seiner Postkarten und mit ihnen zahlreiche Geheimnisse zu Franz zurück. Bald waren es nicht mehr nur die 3000 washingtoner Postkarten, sondern auch solche, die die Sender selbst gekauft oder selbst gemacht hatten. Aus diesen Geheimnissen aus aller Welt entstand der Blog www.postsecret.com.



Über eine halbe Million Geheimnisse später ist aus Franks verrückter Idee der meistbesuchte werbefreie Blog der Welt geworden. In einem TEDTalk erzählt er von seinem aufsehenerregenden Projekt und den Geheimnissen, die ihn am meisten berührt haben.

Donnerstag, 21. Juni 2012

VERSCHOBEN: Der 10. wegmarken.salon zu Gast in der blauen gans

Quelle: www.blauegans.at
Wir freuen uns außerordentlich, dass unser Gastgeber für den 10. wegmarken.salon trotz Verschiebung der Veranstaltung vielleicht das arthotel blaue gans sein wird. Wir brüten über unseren Kalendern und suchen nach einem neuen Termin. Den erfährt man, wie immer, hier am wegmarken.blog.





Dienstag, 19. Juni 2012

Before I die...

Quelle: www.upi.com

It's easy to get caught up in the day-to-day and forget what really matters to you.”
Candy Chang
Creator of Before I Die

Before I die ist ein Projekt der amerikanischen Künstlerin Candy Chang. Sie verwandelte die Außenwand eines verfallenen Hauses in ihrer New Yorker Nachbarschaft in eine überdimensionale Tafel mit der Überschrift "Before I die" und lud Passanten dazu ein, diesen Satz zu vervollständigen. Diese "Before I die wall" soll Menschen die Möglichkeit geben, ihre Hoffnungen und Träume innerhalb eines interaktiven, urbanen Kunstwerks im öffentlichen Raum zu teilen.

Before I die I want to… sing for millions, see my daughter graduate, eat a salad with an alien, straddle the International Date Line, hold her one more time, cook a soufflé, love and be loved, abandon all insecurities, be completely myself… 

Das Projekt fand Nachahmer rings um den Globus. "Before I die walls" gibt es mittlerweile in Städten wie New Orleans, Lissabon, London, Mumbai, Toronto, Paris, Dalllas, Chicago, Melbourne oder Almaty, Kasachstan.


Wäre das auch eine Idee für Salzburg?

http://beforeidie.cc/

Freitag, 15. Juni 2012

VERSCHOBEN: 10. wegmarken.salon mit Maria Haderer

  
"Weil ein jedes Kind das Recht auf ein vertrautes Umfeld hat..."


... engagiert sich Mag. Maria Haderer mit leidenschaftlichem Einsatz und viel Einfühlungsvermögen für die kleinsten in unserer Gesellschaft und begleitet sie durch schwierige Lebensphasen: sie betreut, pflegt und unterstützt kranke, behinderte und sterbende Kinder und Jugendliche inmitten ihres familiären Umfelds. kiju-pflege mobil heißt  ihr mobiler Kinder-und Jugendpflegedienst, der sich neben den kleinen Patientinnen und Patienten auch der ganzheitlichen Betreuung der Familie widmet und als Bindeglied zwischen den Angehörigen, Ärzten, Therapeuten und dem Krankenbett fungiert.


"Die Achtung der Menschenrechte, einschließlich dem Recht auf Leben, auf Würde und auf respektvolle Behandlung, ebenso wie das Recht auf Selbstbestimmung und besondere Schutzbedürftigkeit sind untrennbar verbunden mit der Kinderkrankenpflege." - Maria Haderer

Neben ihrer aktiven Pflegetätigkeit ist Maria Haderer auch in der akad. Pflegerausbildung tätig, war Studiengangsleiterin an der Paracelsus medizinischen Privatuniversität und gestalte das Curriculum
für den Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege aktiv mit.

Im Rahmen des 10. wegmarken.salons erlaubt uns Frau Haderer einen Blick hinter die Kulissen ihres Arbeitsalttags und in ein Randthema unserer Gesellschaft zu werfen. Sie erzählt von berührenden, motivierenden, ergreifenden und erheiternden Erlebnissen mit ihren kleinen PatientInnen, den Umgang mit den oft schwierigen Themen ihres Berufsalltags und berichtet von ihren persönlichen wegmarken.

Unser Gastgeber ist das frisch umgebaute arthotel blaue gans. Wir bedanken uns sehr herzlich bei Andreas Gfrerer und seinem Team für die erneute Gastfreundschaft und sind sehr gespannt auf die Neugestaltung der historischen Gemäuer!




Wir freuen uns, Maria Haderer als unsere 10. wegmarken.speakerin begrüßen zu dürfen!



Wann: Verschoben auf einen Termin im Herbst
Wo: Hoffentlich wieder im arthotel blaue gans


  

Freitag, 8. Juni 2012

Infiziert mit dem Bio-Virus


Im ersten Teil unseres Berichts vom 9. wegmarken.salon mit Ilse und Günter Achleitner haben wir vom Weg der Achleitners von der Übernahme des elterlichen Hofs bis hin zum Bio-Bauernhof berichtet und erklärt, was am Biogedanken so faszinierend ist. Viel Spaß bei der Lektüre von Teil zwei!

 

Der Bio-Virus

Was die Achleitners außerdem „einfach total motiviert“ ist es zu sehen, wie sich der Biogedanke fortpflanzt. Da gibt es etwa die direkt angrenzende Nachbarin, ein ganz kleiner Betrieb mit 6 ha, die zuerst im Nebenerwerb tätig war und durch eine Ökowirtausbildung und die Umstellung auf Bio jetzt im Vollerwerb arbeitet. Den Praxisteil der Ausbildung hat sie übrigens bei den Achleitners gemacht. 
  
„Es sind viele Betriebe in der Region, die zuerst im Nebenerwerb waren. Seit wir sie dazu motivieren konnten auf Bio umzustellen, sind sie im Vollerwerb und können davon leben und haben teilweise schon wieder Leute angestellt. Das ist natürlich toll!“, so Günter Achleitner.
  
Ilse: „Wir sind da sehr infektiös (lacht). Fast jeder Bauernbub, der bei uns gearbeitet hat, hat seinen Betrieb dann auf Bio umgestellt.“
Günter: Genau, es gibt fast keinen Mitarbeiter bei uns, der daheim seinen Betrieb dann nicht umgestellt hat. Einen haben wir noch, aber der ist erst seit 1,5 Jahren dabei, den kriegen wir auch noch (lacht).
  
 

Erfolg durch Mundpropaganda

 „Das Problem, ist“, sagt Ilse Achleitner, „dass die Bauern das Vermarkten verlernt haben. Das hat uns das Lagerhaus verlernt! Weil da bringt man alles hin und kippt es rein und kriegt im Austausch Pestizide und Dünger geliefert und muss sich um nichts kümmern und streift mit keinem Kunden an. Ich hab mich ja am Anfang geschämt, wenn ich einen Kunden angerufen habe und gefragt hab: ‚Braucht‘s ihr einen Salat, oder nicht?‘ Soweit war ich weg davon.
   
Aber der Günter hat den Handel im Blut. Sein Großvater war Viehhändler. Der Günter hat auch immer schon den besseren Sinn für große Strukturen und den Überblick. Mein Zugang ist eher zum Endkonsumenten, weil ich, glaub ich, die Menschen gut spür und auch gern hab. Und von der Vermarktung her würd ich sagen, dass wir uns einfach gut ergänzen und, dass wir das auch annehmen können, dieses Sich-Ergänzen.“


    
Aber das Marketing spiele generell  eine sehr untergeordnete Rolle, da viel durch Mundpropaganda passiere, sagt Ilse Achleitner

„Die Leute haben da einfach Vertrauen in uns, dass wir diese Bio-Vermarktung nicht machen, weil wir damit viel Geld verdienen wollen, sondern weil es uns aus unserer landwirtschaftlichen Tätigkeit heraus ein Uranliegen ist. - Ilse Achleitner

Und weil wir wollen, dass es den anderen Biobauern auch gut geht und, dass Bio so gut es geht vermarktet werden kann. Da ist wirklich sehr viel Nähe und Vertrauen von Kundenseite da.“ 

Ein „Wunderwuzzi „im Kaufmännischen sei sie aber trotzdem nicht, was sich auch in einer heftigen Krisenzeit niedergeschlagen hätte. 

   

Hochwasser schafft neue Strukturen

„Wir sind einfach extrem schnell gewachsen, mit einer Umsatzverdoppelung innerhalb von 3 Jahren und natürlich sind die innerbetrieblichen Strukturen nicht mitgewachsen. Da haben uns viele im Nachhinein gesagt, das ist normal, für uns war’s aber ganz und gar nicht normal.“ 
    
Das Hochwasser 2002 war ein einschneidendes Ereignis für den Betrieb. Bis dorthin fand die Vermarktung direkt am Bauernhof statt, der mit dem Handelsbetrieb mitgewachsen war. Schritt für Schritt wurden Büros und Kühlräume für die Vermarktung  gebaut. Alle 2,3 Jahre gab es eine größere Baustelle. 2002 sollte der Betrieb dann baulich neu strukturiert werden.

 „Dann ist eben das Hochwasser gekommen und wir haben die Widmung für den Bau nicht mehr bekommen. Die Planung war fix und fertig. Das war natürlich mal ein Schock für uns.

„Da haben wir gesagt, ok, wir bauen neu, bleibt uns eh nichts anderes über.“ Man wollte sich ohnehin weiterentwickeln und den Biogedanken weitertragen, für mehr und mehr Produzenten Vermarktungspartner werden. Der Markt entwickelte sich gut und so ging alles Hand in Hand. „Für uns war es selbstverständlich, dass wir 100% ökologisch bauen, das heißt Passivhaus.“ 2005 wurde der Neubau eröffnet – mit einer Baukostenüberschreitung von über einer Million Euro. 


   
„Man muss auch dazusagen, dass wir durch diese ökologische Bauweise auch teurer gebaut haben! Als Passivhaus mit Holz, Stroh und Lehm baut man nicht so günstig, wie, wenn man eine Paneelhütte hinstellt. Aber für uns war von vorneherein klar, dass wir mit dem ökologischen Gedanken nicht bei der Ernährung aufhören wollen, sondern in viele Lebensbereiche miteinbeziehen wollen.“ Die neuen Büros werden etwa mit Pflanzen klimatisiert, Klimaanlage gibt es keine. Außerdem wurden mit dem Neubau auch ein Bio-Restaurant, das Kulinarium, und ein Bio Frischemarkt eröffnet. „Das hat uns am Anfang noch recht wehgetan, weil man es sich aus einem Hofladen heraus nicht vorstellen kann, dass man da plötzlich mit einem Einkaufswagen durchfährt. Aber wollten einfach den Biogedanken schmeckbar machen und auch erschwinglich. Unser Restaurant ist sicher nichts, was uns große Gewinne einbringt, sondern wir schauen halt, dass, in der Landwirtschaft sagt man so, hui um geht (lacht) und, dass man einfach Menschen motiviert. Man sollte sehen, biologisch kann ja auch gut schmecken.“, sagt Ilse Achleitner. 
    
Die nächsten 2-3 Jahren habe sich der Betrieb dann aber sehr gut entwickelt.  „Was sich aber nicht mitentwickelt hat, das war die Struktur im Betrieb. Da hatten wir 2 Jahre mit heftigen Defiziten.“ Grund waren strukturelle und familiäre Probleme, gekoppelt mit einem Marktknick. Drei Bio-Supermarkt-Ketten hatten geplant, in jedem Bundesland  mindestens eine Filiale zu eröffnen – mit den Achleitners als Hauptlieferanten. Aus verschiedenen Gründen wurde diese  Expansion nicht umgesetzt, Sortiment und Betrieb der Achleitners waren aber bereits darauf ausgerichtet. „Da sagt uns im Nachhinein jeder Berater, das passiert jedem einmal! Aber wir haben das im Familienbetrieb nicht ganz so schmerzfrei auf den Weg gebracht. Wir sind halt keine gelernten Manager.“

Moderator Franz Wührer

     
Mit einem Unternehmensberater wurde der Betrieb schließlich neu strukturiert. „Jetzt sind wir an einen Punkt, wo wir sagen können, wir fühlen uns wohl. Bei der Budgetplanung ist einfach sehr viel hemdsärmelig entschieden worden, was wir in der Boom-Phase auch sehr gut verkraftet haben, alle Ressourcen und alle Kapazitäten waren ausgenützt durch dieses schnelle Wachstum. Aber was im Nachhinein das Gute war: Wir haben selber erkannt, dass wir was tun müssen und es ist nicht die Bank zu uns gekommen und hat gesagt: jetzt ist es aus mit der Finanzierung.“

      

Die Spanische Gurke

Um ihre Kunden auch im  Winter mit Biogemüse versorgen zu können, kommt ein ausgeklügeltes Lager- und Kooperationssystem zum Einsatz. Da kommt es durchaus vor, dass Bioprodukte aus dem Ausland eingekauft werden. 
   
„Von der Ökobilanz her kommt da oft ganz was anderes heraus, als einem das Bauchgefühl sagt. Da sagt man, naja, wenn‘s im Mai eh schon Österreichische Gurken gibt, kauf ich keine spanischen Biogurken. Aber die Österreichischen sind halt in reiner Hydrokultur gewachsen mit künstlicher Belichtung, die extrem energiebelastend ist und im vollen Pestizidcocktail. Und dem gegenübergestellt eine biologische Gurke, z.B. aus Spanien, wo jetzt „nur“ der Transport die Belastung ist.“ Die spanische Gurke bringe es dabei nur auf 40% der Umweltbelastung, die die österreichische Gurke zu verbuchen habe. 
    
Aber, kann man garantieren, dass die spanische Gurke auch wirklich Bio ist? Das kann ich, weil ich den Bauern dort kenn.“, sagt Günter Achleitner. Außerdem habe die Bio-Zertifizierung weltweite Standards. Ein Bauer, der sich entschließe auf Bio umzustellen, setzte immerhin seine gesamte Existenz aufs Spiel und so was tut man nicht leichtfertig, gibt Günter Achleitner zu Bedenken. „Von dem gehen wir mal grundsätzlich aus, dass sich der etwas überlegt hat dabei. Und diese Kontrollen sind auch nicht harmlos.“
   
Aus dem Publikum ist zu hören: Man kann den Konsumenten aber nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Ich muss mich als Konsument informieren und mitdenken, was ist logisch. Ist eine Gurke im Dezember logisch? 

Ausblick von der Panoramaterasse des UW Aigen

    
Trotzdem wird bei den Achleitners drauf geachtet, Produkte so lokal wie möglich einzukaufen: „Wenn‘s möglich ist es in Verona zu produzieren, dann lass ich es in Verona produzieren und nicht in Sizilien oder Spanien, auch wenn’s billiger wär.“ Mit den ausländischen Partnerbetrieben würden genau die gleichen Vereinbarungen getroffen, wie mit jenen in Österreich: „Das macht dann keinen Unterschied, ob das die Nachbarin ist, oder der Bauer in Mantua. Und das sind genauso Bauern, ganz kleine Familienbetriebe mit ein bis drei Hektar, die sich echt bemühen um ihren Boden. Und die können davon leben. In Griechenland ist es gerade so, dass viele junge Leute aus der Stadt wieder aufs Land gehen, sogar zu den Großeltern teilweise, und da dann das Land bewirtschaften. Und wir sehen es auch als unsere Aufgabe, denen dort zu helfen.“, gibt Günter Achleitner zu verstehen.

 

Wir bedanken uns bei Ilse und Günter Achleitner für ihre Zeit und ihre Gedanken und bei der Salzburg AG für die Gastfreundschaft im Historischen Umspannwerk Aigen!



Mittwoch, 6. Juni 2012

Von Bio-Spritzen, vertrockneten Kakteen und Lebensprinzipien


Wahnsinn! 17 Word-Seiten ist das Achleitner-Interview vom letzten wegmarken.salon lang! Und so interessant, dass man am liebsten jedes Wort veröffentlichen möchte.
Unser Bericht ist deswegen so lang geworden, dass wir ihn auf zwei Posts aufteilen müssen. Viel Spaß beim Lesen, Informieren, Nachdenken!


Grüner Daumen trifft Vermarktungstalent

Seinen „grünen Daumen“ hat Günter Achleitner in einer Gärtnerlehre kultiviert. Sein Vermarktungstalent entfaltete sich ebenfalls schon im Teenageralter am bäuerlichen Gemüsefeld. Bereits als 18jähriger fährt er im Mühlviertel von Haus zu Haus und bringt das Gemüse vom elterlichen Bauernhof – damals noch konventionell bewirtschaftet – an Mann und Frau. Als es irgendwann darum geht, den Betrieb von den Eltern zu übernehmen, stellt er dem Vater Bedingungen: Gewächshäuser für den Salat will er, damit er seine Kunden länger damit beliefern kann, und einen LKW um seine Produkte zu vermarkten. 
   
Seine Frau Ilse kennt er erst ein knappes Jahr, als geheiratet wird. Ilse Achleitner stammt ebenfalls aus einer Bauernfamilie, dass die Tochter in die Fußstapfen der Eltern treten wird, stößt hier aber eher auf Entsetzen. Sie hatte immerhin die Handelsakademie absolviert und schon in einer Bank gearbeitet, als die Entscheidung fiel. Die Tochter sollte es doch „einmal besser haben“ als der Vater, der „365 Tage im Jahr in den Stall gegangen ist, ob er krank war oder nicht.“ Und ein grüner Daumen wird Ilse auch nicht unbedingt attestiert: „Meine Mutter, die hat mir schon nur mehr Kakteen ins Zimmer gestellt, weil alles andere ist bei mir immer vertrocknet.“
 
Schon beim Hochzeitsladen wird die erste Bio-Spritze verabreicht. Urheber ist Günters Onkel, Demeter-Saatzüchter Hans Gahleitner, der die Achleitners schließlich vom Bio-Gedanken überzeugen wird. 

 

Hasen fressen Lieber Bio

„Am ersten Tag, an dem uns der Vater den Betrieb übergeben hat, hat er gesagt: Und mit der Unkrautspritze fährst jetzt du! Ohne irgendwie zu erklären, wie das funktioniert.“ Und von vorneherein war dieser große Widerwille da, gegen die Pestizidspritze. Der Druck in der konventionellen Landwirtschaft wird immer größer, die Preise immer schlechter und die Arbeit immer unbefriedigender. Irgendwann können im Folienhaus nur mehr 50-60% der Salate geerntet werden „weil alles schon so faulig war, weil wir schon so viel Bodenkrankheiten drinnen gehabt haben. Und da muss man dann normalerweise den Boden dämpfen, also auf 60 cm Bodentiefe sterilisieren, da ist dann das ganze Bodenleben und alles kaputt. Das war dann die Phase in der wir die Kompostierung nach Lübke kennen gelernt haben, wie wir dann liebevoll unseren ersten händischen Kompost gemacht haben, wo ich mit dem Spritzkrug die Bakterien reingespritzt hab. Den haben wir dann ausgebracht und plötzlich haben wir 80-90% der Salate ernten können. Und da hat es dann „aha“ gemacht. So, dieses Zusammentreffen von diesem Widerwillen gegen das Unkrautspritzen und mit diesem Kompost – von einem Jahr aufs andere so viel gesünder!“, erzählt Ilse Achleitner. Und trotz der öffentlichen Meinung funktionierte es. Die sagte damals nämlich: „Biologischer Gemüsebau funktioniert nicht! Aus. Und es werdets euch schon anschauen! Und der Vater hat gesagt, er geht nimmer zum Stammtisch, weil das tut er sich nicht an, dass er sich das jeden Tag anhört.“, sagt Ilse Achleitner. „Das war ein richtiger Befreiungsschlag, dass ich mit dem Gift nichts mehr tun hab müssen.“, meint ihr Mann Günter.
   
Ilse: „Das Bewegende, was uns so ergriffen hat ist das Lebensprinzip in der biologischen Landwirtschaft. Dieses Lebensprinzip wird multipliziert und auf den Feldern fortgesetzt und ist ein Spiegelbild zur Ernährung – diese Parallele von Ernährung und Boden.  

"Gesunder Boden, gesundes Tier, gesunder Mensch, das war sehr schlüssig für uns und ist es nach wie vor." - Ilse Achleitner


Ganz wichtig ist uns einfach das Schließen des Kreislaufs, dass man einfach aus Abfällen, die im Betrieb anfallen, wieder einen wertvollen Dünger machen.“
Günter: „Konventionelle Nachbarn müssen ihre Salate oft gar nicht einzäunen. Wir müssen die Salate hingegen schon einzäunen, weil die Hasen und die Rehe viel mehr auf das biologische gehen, als auf das konventionelle. Es gibt auch Versuche vom Ludwig Boltzmann Institut in Wien mit Ratten und Gemüse, speziell Karotten und es ist interessant, dass die Ratten zu fast 100% die Bio-Karotten gefressen haben, das konventionelle haben sie liegen gelassen.“
Ilse: „Schade, dass die Menschen diese Instinkte nicht haben, gell? (lacht)“
 
Darin zeige sich auch der Widerspruch zur herkömmlichen Agrar-Lehre, so Günter Achleitner. Dort gehe man etwa davon aus, man brauche 300 kg Reinstickstoff pro Hektar um Kraut zu ernähren. „Wenn man im Kompost nachmisst kommt man nur auf 50 kg und es funktioniert trotzdem.“
Im Gegensatz zur herkömmlichen Landwirtschaft sei Bio gekennzeichnet durch die organische Ernährung der Pflanze mit Kompost und Gründüngung und zum anderen durch das Weglassen von chemischen Mitteln, Fungiziden, Herbiziden und Pestiziden.Bio heiße aber natürlich noch viel mehr, sagt Günter Achleitner, zum Beispiel was die Fruchtfolge anginge. In der konventionellen Landwirtschaft werde auf derselben Fläche dreimal im Jahr die gleiche Kultur angebaut, Salate etwa. „Wir halten eine Fruchtfolge von 4-5 Jahre ein und machen selbstverständlich  nur eine Frucht pro Jahr. Und bis zum nächsten Jahr kommt da keine weitere Frucht drauf, sondern nur Gründüngung, damit gebe ich dem Boden etwas zurück.“
   
Im Biolandbau könne man außerdem nur vorbeugend arbeiten. „Wenn der Schaden erst mal da ist, kann ich nichts mehr machen.“ Wenn der Boden nicht sorgsam behandelt und aufgebaut würde, könne Biolandbau nicht funktionieren. „Das ist wie in der Medizin. Wenn ich glaube, ich spritz da mit einem Pflanzenschutzmittel drauf und dann geht’s weg, das kann nicht funktionieren, wenn ich immer nur versuche des Unkraut zu bekämpfen und nicht die Ursache.“
 
„Mein erstes Buch“, erzählt Ilse Achleitner, „das haben wir bei der Hochzeit geschenkt bekommen, das war „Gesundheit durch Heilkräuter“ nach Wilfort, da war hinten so ein Register drin. Wir haben 5 Kinder und da war immer wieder mal eines krank und selber geht es einem ab und zu auch nicht so gut. Da hab ich immer nachgelesen über des Problem und da ist dann vorgekommen: Karotten, Zwiebel, Knoblauch, Kartoffeln, Kraut und da hab ich mir gedacht: das ist doch ein Wahnsinn! 

Heilkräuter das ist nicht nur Kamille und Zinnkraut, sondern da ist die ganze Gemüsepalette mit drin. - Ilse Achleitner

Heute spricht man von 20, 30, 40 000 phytoaktiven Substanzen, die in Obst und Gemüse enthalten sind!“


Reinigungskur für den Boden

„Was auch interessant ist: Wir haben mitten im Betrieb einen Brunnen, der ist eine Landesmessstelle, wird also ständig kontrolliert. Und der hat nachweislich immer die niedrigsten Nitratwerte in der ganzen Region!“, so Günter Achleitner.
Der biologische Boden entwickle eine Puffer- oder Schwammfunktion, erklärt Ilse Achleitner, und entgifte so das Wasser. Im Falle eines Hochwassers könne der biologische Boden durch diese Schwammfunktion außerdem viel mehr Wasser aufnehmen. „Und bei Trockenheit hat er viel mehr Wasser gespeichert und wir müssen später bewässern als die Konventionellen.“
„ Also, ich trau mir zum Beispiel sagen, wenn alle Betriebe biologisch wirtschaften würden, hätten wir bei Weitem nicht die Probleme mit den Hochwässern. Ich meine, das ist schon ein Wahnsinn was die Konventionellen da machen

Wenn der Konsument wüsste, wie konventionelles Obst und Gemüse produziert wird, er würde es nicht mehr kaufen. - Günter Achleitner

Des trau ich mir zu einem jeden sagen. Das konventionelle Gärtnergemüse wächst ja auch oft gar nimmer im Boden, sondern in einer Nährlösung und im vollen Pestizidcocktail, das ist rein steril.“ sagt Günter Achleitner


Im nächsten Post geht es weiter mit dem Bio-Virus, öko-freundlichen Gurken aus Spanien und der Frage, warum das Lagerhaus den Bauern das Vermarkten verlernt hat.