Das war der 11. wegmarken.salon mit Wolfgang Bergmann.
Theologiestudium, Pressereferent der Hochschülerschaft, Öffentlichkeitsarbeit bei Caritas und Erzdiözese Wien und schließlich Geschäftsführer des "Standard". Im feierlichen Rahmen des bis zum letzten Platz besetzten Venezianischen Zimmers im Schloss Leopoldskron, berichtete Wolfgang Bergmann von seinen Wegmarken.
"Ich habe diesen
eigenartigen Karrierepfad genommen, dass ich aus einer unerwarteten Richtung,
nämlich aus dem Theologiestudium, im wirtschaftlichen Bereich gelandet bin.
Etwas, das mir passiert ist, da wollte ich nie bewusst hin.
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Schloss Leopoldskron |
Eine meiner
Wegmarken ist die starke Prägung durch das Elternhaus. Ich komme aus einer sehr
politischen Familie. Mein Vater war ÖVP-Politiker, Nationalratsabgeordneter,
Bundesgeschäftsführer der ÖVP und immer in so einem Ping-Pong-Spiel zwischen
ORF und ÖVP. Beim ORF war er auch Gründer von Licht ins Dunkel und Nachbar in
Not. Und wie es halt so ist bei elterlicher Prägung, entweder man kriegt etwas
mit im positiven Sinne - oder auch nicht. Zum Beispiel wird der Sohn eines
Fleischhauers dann auch Fleischhauer, oder er rebelliert dagegen, also wird
Vegetarier. In meinem Fall hat mich die
Arbeit meines Vaters interessiert, ich bin immer mit großen Lauscheohren an den
Tischen gesessen, weil im Freundes- und Familienkreis der Eltern auch am Wochenende
viel politisiert wurde, möglicherweise mehr, als gesund war.
Nach der Matura
hab ich dann sogar ein bisschen spekuliert in Richtung Politik, anders als meine
Freunde, die alle in Jus und Wirtschaft gegangen sind. Aber die Politik ist mir
dann, Gott sei Dank, erspart geblieben. Ich hab mir damals gedacht, wenn es
dich interessiert, dann mach etwas, das dich menschlich weiterbringt. Ich habe
dann, eigentlich aus reinem Jux und Tollerei, begonnen Theologie zu studieren. Aus Interesse, ohne damit ein berufliches Ziel zu verbinden. Heute würd ich das
als waghalsig bis verantwortungslos einstufen. Ich hab jetzt ein Problem damit,
meinen Kindern zu sagen, sie sollen etwas „Vernünftiges“ studieren. Der Älteste
macht eben Politikwissenschaft.
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Wolfgang Bergmann |
Ich habe daher
den Leitsatz: studiere das, was dich interessiert, denn das bringt dich
weiter. Und letztlich – ein Studium
abgeschlossen zu haben, bedeutet ein Thema durchgearbeitet und verstanden zu
haben.
Wenn man es in
einem Fach zur Meisterschaft gebracht hat, kann man auch leicht in einem
zweiten Fach Meister werden. Und das sehe
ich beim Studium auch so.
Dieser Gedanke ist auch im Zen-Buddhismus vorhanden.Wenn ich
neue Mitarbeiter rekrutiere, ist für mich weniger wichtig, ob man im Bereich
des Jobs ausgebildet ist, sondern eher, ob man generell ausgebildet ist. Ob man einmal etwas
„in die Hand genommen“ hat, das scheint mir wesentlich zu sein.
Ich habe damals,
während des Studiums, den Helmut Schüller kennengelernt, der
Diözesan-Jugendseelsorger war. Und er war auf einer meiner Listen, als ich
meine Sponsionsanzeigen ausgeschickt habe. Er hat mich dann angerufen und
gesagt, „du, ich bin gerade in die Caritas gewechselt und wir suchen einen
Pressereferenten. Und du hast das doch in der Hochschülerschaft gemacht. Theologie
studiert hast du auch, das würde doch passen!“ Und es hat gepasst.
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Venezianisches Zimmer im Schloss Leopoldskron |
Also bin ich in
die Caritas gewechselt und hab dort den ganzen Bereich Öffentlichkeitsarbeit
übernommen. Dort bin ich autodidaktisch hineingewachsen in das Thema
Fundraising. Außerdem war ich neben der inhaltlichen Arbeit auch dafür
zuständig, Dinge zu organisieren, Mailings zu machen, Preise zu verhandeln und
zu überprüfen, ob Mittel richtig eingesetzt sind. So ist neben der inhaltlichen
Arbeit von der Pike auf auch eine kaufmännische dazugekommen.
Es folgte der Wechsel
von Helmut Schüller in die Erzdiözese Wien, Kardinal Schönborn hat ihn als
Generalvikar geholt und ich bin halt damals mit ihm mitgekommen. So bin ich von
der Öffentlichkeitsarbeit der Caritas in die Öffentlichkeitarbeit der
Erzdiözese Wien gewechselt. Das war für mich der Job, in dem ich mich in der
Anfangsphase am wohlsten gefühlt habe, weil er alles, was ich gelernt habe, in
sich vereint hat.
Wir haben ein
Magazin gegründet, das monatlich an alle katholischen Haushalte gegangen ist und,
außerdem, ein kleines, feines Projekt ins Leben gerufen, das es immer noch
gibt, nämlich Radio Stephansdom. Ich war damals Gründungsgeschäftsführer.
Und da ging die
Spur endgültig auseinander. Bei Radio Stephansdom habe ich mich praktisch nur
mehr um den organisatorischen Bereich gekümmert und mich nicht mehr
journalistisch und am Mikrophon eingebracht.
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Wolfgang Bergmann und Franz Wührer |
Und als dann der
Kardinal den Schüller sozusagen über Nacht als Generalvikar abgemurkst hat, war
für mich klar, dass ich da nicht werde bleiben wollen und hab meine Fühler ins
weltliche Geschäft ausgestreckt. Zu meiner Überraschung habe ich dann sehr bald
ein Angebot vom Standard bekommen, zunächst Marketing und Vertrieb zu
übernehmen. Und da hab ich dann gerne
zugesagt. Der Standard war immer die Zeitung, die den Menschenrechten am nächsten
war. Für mich selber hab ich die Formel gefunden: das, was mir der Standard ab
und zu zu links ist, ist mir immer noch lieber als das, was mir die Presse ab
und zu zu rechts ist.
Ich hab dann
diesen Weg eingeschlagen und nie bereut.
Spannend war
dabei auch zu sehen, wie die Dinge manchmal ineinandergreifen. Die
Aufgabenstellung, für den Standard Abonnenten zu gewinnen, ist
marketingtechnisch völlig ident mit der Aufgabe, aus einem Spender einen
Dauerauftragsspender zu machen. Ich konnte da sehr viel Caritas-Know-How in den
Standard einbringen, abgesehen davon, dass Medien eh manchmal eine Non-Profit-Organisation
sind.
In dieser Phase
ging dann plötzlich der damalige Geschäftsführer vom Standard weg und der Oscar
Bronner sagte. „Wenn Sie jetzt springen möchten, dann springen Sie!“. Und ich sprang.
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Venezianisches Zimmer Schloss Leopoldskron |
Das war immerhin im
Jahr 2000, ich bin damit ein Methusalem
in der Tageszeitungsbranche.
Beim Standard habe
ich viel mit Organisation und Zahlen zu tun, in einem Ausmaß, wie ich es nie
angestrebt hätte. Es ist ganz spannend, das Rückgrat einer Organisation zu
bilden, in der man mit dem Tagesgeschäft, mit der täglichen Schlagzeile, nichts
zu tun hat, aber es andersherum ermöglicht und durch dieses Rahmengeben und
Rückhaltgeben für eine Sache steht, die man im Einzelnen so gar nicht
beeinflusst.
Man kann dasselbe
für jedes Unternehmen tun. Wenn das Unternehmen dann aber auch noch eine
gesellschaftliche Relevanz hat, tut man es umso lieber. Und das ist
sozusagen ein kleines Stück Glück oder Privileg, in eine solche
Situation zu geraten.
Das primäre Ziel
Oscar Bronners ist es, eine gute Zeitung zu machen, die lebensfähig ist und
nicht ausschließlich gute Zahlen liefert. Das ist ein wesentlicher Unterschied
in der kaufmännischen Betrachtungsweise, weil, gute Zahlen zu liefern, das kann
auch heißen, immer noch mehr rauszuquetschen. Das „Werkl“ soll gut funktionieren,
effizient sein, aber wir messen den Erfolg
nicht daran, ob es im letzten Jahr ein Euro mehr war.
Eine Frage, die
einen als Theologe im Management durchaus quälen kann: man kommt nicht
umhin, mitunter auch harte Entscheidungen zu treffen. So nach der Devise – kann das sein? Der ist ein
Christ und kündigt mich jetzt?
Arbeit, auch wenn
sie zunächst einmal das Überleben sichert, ist etwas ganz Konstitutives des
Menschseins und gehört zur Erfüllung und zum Ganz-Werden einer Persönlichkeit dazu.
Wann immer man Arbeitsplätze schaffen
kann, wo sich Menschen in dieser Form
einbringen können, trägt man auch ein stückweit zu dieser Verwirklichung des
Einzelnen bei. Das alles kollidiert dann halt immer mit den Interessen des
Unternehmens, die ja andere sein können, als jene des Arbeitnehmers. Aber irgendwas
zum „kiefeln“ muss einem ja bleiben."
Wir bedanken uns sehr herzlich bei Wolfgang Bergmann für die spannenden Einblicke in seine beruflichen Wegmarken und beim Salzburg Global Seminar für die Gastfreundschaft beim Frühstück im Schloss Leopoldskron.