Donnerstag, 20. Dezember 2012

Das war der 10. wegmarken.salon mit Romy Sigl


Musisches Gymnasium, HTL für Bautechnik, Design- und Produktmanagement-Studium, Arbeit in der Designschmiede Kiska und schließlich die Selbstständigkeit mit der Marketingfirma Auf*Wind, der Haubenmanufaktur momi happy hats und schließlich dem CoWorking Space. Die Speakerin des 10. wegmarken.salons, Romy Sigl, erzählt aus ihrem Leben:

Romy Sigl
Das Musische Gymnasium ist eigentlich eine super Schule, aber ich hab gemerkt, das wird mich beruflich nicht weiterbringen und unser Physiklehrer hat einmal zu uns gesagt: „ihr seit eh alle Versager, also, wenn ihr HTL machen würdet, würdet ihr alle durchfallen!“. Das haben die anderen vielleicht nicht so mitbekommen, aber ich hab mir gedacht: „Aha. Das schau ich mir an!“. Mich reizen schon immer solche Sachen, wo andere halt sagen „das schaffst du eh nicht!“. 

Dann hab ich ein Jahr als Technikerin gearbeitet, weil ich noch nicht so genau gewusst hab, was ich studieren will. Aber ich hab gleich gewusst, lange werd‘ ich nicht bleiben in diesem Job. Ich hab meine Arbeitskollegen gefragt: „wie haltet’s ihr das aus? Immer nur Statikpläne zeichnen und das was der Architekt sagt umsetzen?“. Und die haben gesagt: „ach, daran gewöhnst du dich schon!“ Und ich: „Nein, daran gewöhn ich mich nicht!“. 

Als dann an der FH zum ersten Mal Design- Produktmanagement angeboten wurde, hab ich das angefangen zu studieren. Diese Kombination aus Design und Marketing war ganz neu und spannend. Als wir Absolventen uns dann bewerben gegangen sind und gemeint haben, wir sind Design- UND Marketingspezialisten – das haben die Firmen einfach nicht gekannt. Da hab ich das Glück gehabt, dass bei Kiska eine Stelle frei war, wo eben genau beides gefordert war.


Mein Tag hat meistens 16 Stunden, in denen ich mich mit Projekten beschäftige, weil ich trenne nicht in Freizeit und Arbeit. Das, was ich mache, taugt mir so, dass ich keine Freizeit brauche. Um sechs geht der Wecker, um halb acht bin ich dann da, dann muss ich erst mal schauen, dass alles aufgeräumt ist, weil die Leute, die gestern als letzte gegangen sind, haben halt auch ihre Spuren hinterlassen. Ich kann mir im Moment noch nicht täglich eine Putzfrau leisten, deswegen mach ich gerade alles selbst. Es ist noch nicht so, dass ich von den Einnahmen aus dem CoWorking Space leben kann, sondern ganz umgekehrt,  ich muss viele andere Projekte machen, die Geld bringen, um ihn zu finanzieren. Solange, bis er sich selbst trägt. 


Das Besondere am CoWorking Space ist die Vernetzung. Man trifft Leute, die sind in der gleichen Situation, die sind auch gerade selbstständig geworden, oder haben ein Startup gegründet, oder sie sind schon ganz lang ein EPU und wollen aus den eigenen vier Wänden raus. Ein weiterer Erfolgsfaktor von CoWorking ist dieser gute Branchenmix, den wir haben – aber natürlich sind es eher diese digitalen Nomaden, die sich bei uns einmieten. Also die Leute, die mit dem Laptop überall arbeiten könnten, die dann aber doch wieder einen Ort brauchen, wo es ruhig ist. Weil im Kaffeehaus ist das ja auch nicht ideal. Und von daher sind es schon mehr so diese IT-Menschen. IT und Kreativwirtschaft. Das heißt, wir haben Programmierer, Grafiker, Suchmaschinenoptimierung, Social Media, Journalisten, Architekten, also Leute, die sich auch gut ergänzen. 

Romy Sigl und Moderator Franz Wührer

Ich hab ein Jahr lang die richtige Immobilie gesucht, das war echt nicht einfach.  Die Leute, die sich da einmieten, haben hohe Anforderungen. Der Raum muss besser sein, als das eigene Wohnzimmer. Das Techno-Z ist Gott sei Dank so progressiv, dass die schnell kapiert haben, was ich da vorhabe. Überhaupt ein Hoch auf’s Techno-Z, die haben mich gerade in den ersten Monaten sehr unterstützt. Die haben einfach gesagt, jetzt schauen wir mal, was die Frau Sigl da macht. Weil gleich vom ersten Monat an 5000 Euro Miete zahlen müssen – das ist echt heftig.

Eigene Mitarbeiter will ich eigentlich nicht. Ich möchte mir nicht ständig den Kopf darüber zerbrechen, was ich meinen Mitarbeitern jetzt weiterdelegiere, sondern ich will selbst denkende Menschen um mich herum, die, wenn wir ein Projekt gemeinsam machen, genau wissen, was zu tun ist. Da muss ich nicht ständig antreiben. Das interessiert mich null. Da greif ich lieber auf mein Umfeld, also die Coworker zurück und kann so das perfekte Team zusammenstellen, wenn ich ein Projekt angehe.

Auf der anderen Seite ist da noch das  Hauben-Stricken für momi happy hats. Also bei Kiska hat man halt immer am Computer arbeiten müssen und die Produkte, die in einer Designagentur entwickelt werden, dauern immer drei Jahre oder länger, bis die am Tisch stehen. So eine Haube kann man in zwei Tagen stricken und das ist einfach ein schönes Erlebnis: du kannst schnell selber was produzieren. Der andere Hintergrund ist, dass Momi meine Marketing-Spielewiese ist. Also die Hauben, das ist eine Marke – momi happy hats – und ich kann damit alles ausprobieren, was ein Produktmanager machen sollte. Und ich bin der Überzeugung, jeder, der sich Produktmanager nennt, soll einmal sein eigenes Produkt auf den Markt bringen und schauen, was das bedeutet. Und das mach ich damit. Natürlich ist das gar kein gutes Geschäft. So eine Haube zu stricken, das dauert acht Stunden, da liegt der Stundenlohn dann bei fünf Euro. 

Hinten an der Wand steht unsere Philosophie. „Do more of what makes you happy“. Also, es war nicht immer so, dass ich mir gedacht hab, ich bin total zufrieden mit dem, was ich mach. Ich war teilweise richtig unglücklich und hab mich gefragt, warum mach ich das eigentlich. Warum stress ich mich da ständig in Projekte hinein, die dann eh wieder 15 mal über den Haufen geworfen werden und warum will ich immer diese perfekte Leistung bringen, wenn ich dann ein Jahr später drüber nachdenke und es ist einfach total sinnlos gewesen? Ich glaube ich leb nur einmal und ich möchte das Maximale aus meinem Leben rausholen. Deswegen hab ich dann auch bei Kiska gekündigt, weil ich gesagt hab, das probiere ich jetzt einfach. Weil, wenn ich es jetzt nicht mache, mach ich es nie. Es ist echt die beste Erfahrung in meinem ganzen Leben, dass ich das jetzt gemacht hab. 

Ich hab das Gefühl, viele Leute glauben, der perfekte Job muss vom Himmel fallen, die haben sehr hohe Ansprüche an das, was so ein Job alles beinhalten soll. Ich glaub halt, dass man sich Jobs in der heutigen Zeit selber schaffen kann, wie ich es ja auch gemacht habe. Dieses „hire yourself“. Aber man muss bereit sein dafür auch sehr viel zu geben. Und, dass sich die Leute teilweise viel zu wenig zutrauen, das glaub ich auch. Das ist meine Botschaft: Macht’s was aus eurem Leben!

Eigentlich will ich nur mit mir selbst zufrieden sein. Und ich bin halt nicht so leicht zufrieden zu stellen und deswegen arbeite ich vielleicht auch an so vielen verschiedenen Dingen, die sich dann aber doch wieder ergänzen. Weil, eigentlich will ich ja nur Situationen, die ich nicht ideal find, verbessern. Also ich sehe irgendwo a Potential  und das will ich nicht ungenutzt lassen. So wie bei diesem Ort.

Und wenn ich auf meinem Totenbett liege, möchte ich sagen können: „geil war’s!“.


Wir bedanken und ganz herzlich bei Romy Sigl und ihren CoWorkern für die Gastfreundschaft im CoWorking Space und freuen uns auf viele weitere Begegnungen!

Dienstag, 11. Dezember 2012

Wir feiern das Scheitern! - Mit Ben & Jerry's

"Go and make interesting mistakes, make amazing mistakes, make glorious and fantastic mistakes. Break rules. Leave the world more interesting for your being here! [...] Where would be fun in making something you knew was going to work?" - Neil Gaiman
Bildquelle
Das Wort "Scheitern" hat einen sehr bitteren Beigeschmack. Etwas geht schief, eine geniale Idee entpuppt sich als Trugschluss, man sitzt einer Fehleinschätzung auf, verplant ein Projekt, oder vertut vielversprechende Chancen - all dies ist schmerzvoll, unangenehm, negativ.

Stimmen, die einem von einer Niederlage angekratzten Ego raten, das Beste aus dem Erlebten zu machen, werden meist überhört. Dabei liegt in jedem Scheitern, jedem gemachten Fehler, großes Potential.

Nur wer Fehler macht, macht etwas - sagt sinngemäß ein altes Sprichwort. Nicht jeder Versuch, egal ob beim Sockenstricken oder beim Gründungsversuch des eigenen Startups, wird automatisch glücken. Wer scheitert, lernt jedoch - zwangsläufig!. Konkret lernt er, wie man es nicht macht und welche Fehler man vermeiden muss um bei einem neuen Versuch erfolgreicher zu sein. Die Angst vor dem Scheitern hingegen tötet Innovation, Kreativität und Ideen - und was wäre schlimmer?
Angst vor dem Scheitern macht dich garantiert kaputt. Du gehst immer brav die Straße entlang, du riskierst nie etwas, du biegst nie in die kleinen Seitenstraßen ein, die du siehst, denn du sagst dir: Verlockend sieht es ja aus, aber ich kenne diese Straße nicht. Ich bleibe lieber hier und laufe schön geradeaus weiter
Jack Lemmon
Die Sorte "Peantus! Popcorn" gab es nicht einmal ein Jahr lang. Bildquelle
Ein schönes und oft zitiertes Beispiel dafür, wie ein Projekt sehr konstruktiv scheitern kann, ist jenes des Erfinders Spencer Silver. Sein Vorsatz, ein Rezept für einen Klebstoff mit neuer, besserer Klebkraft zu finden, scheiterte kläglich. Er musste sich eigestehen, dass sich der von ihm entwickelte Kleber von Oberflächen löste und nicht dauerhaft daran haften blieb. Der fehlerhafte Klebstoff sollte jedoch einem Kollegen Silvers, Art Fry, auf ungeahnte Weise zu Hilfe kommen. Fry ärgerte sich häufig über Lesezeichen, die aus seinen Gesangsbüchern fielen. Er besorgte sich also Proben von Silvers Klebstoff, brachte sie auf seinen kleinen Merkzetteln an - und geboren ward etwas, das heute als "Post It" aus keinem Büro mehr wegzudenken ist.

Wie man gescheiterte Unternehmungen feiert, anstatt sie zu beklagen, zeigt vorbildhaft ein Projekt des amerikanischen Eiscreme-Herstellers Ben & Jerry's: Hier werden Eissorten, die nie in die Produktion gelangten oder deren Produktion wieder eingestellt werden musste, auf einem so genannten "Flavour Graveyard" zu Grabe getragen (bei gewissen Sorten, wie "Pepperoni Pizza with Anchovy Swirl" oder "Chips 'n' Dip, Sour Cream Onion Ice Cream with Potato Chips", kann man dies sogar nachvollziehen). In fast 35 Jahren Firmengeschichte kamen da so einige Sorten zusammen und es werden immer mehr. Durch eine gesunde Fehlerkultur wird der Mut zu Neuem und zum Ausprobieren von Ideen erhalten,

Ein Hoch also den Fehlern! Sie helfen uns beim Lernen, uns zu entwicklen und bringen uns weiter. 

Mehr über gesundes Scheitern und das Feiern von Fehlern lesen Sie hier, hier und hier.
Der Karrierespiegel hat überdies den Selbsttest- "Wie hoch ist Ihr Scheiter-Risiko?"