Interview, Text & Audio: Melanie Schober und Daniel Rebernegg
Verregnete, nebelige Novembertage in Wien – das sind die schwersten Tag für Alexandra Schöler-Haring. Wenn der triste Alltag die Schauspielerin, Autorin und Weltumseglerin einholt, erinnert sie sich gerne an zwei ihrer prägendsten und abenteuerlichsten Höhepunkte ihres Lebens zurück.
Alexandra Schöler Haring war mit ihrer Familie viereinhalb Jahre auf See unterwegs. Foto: A. Schöler-Haring |
Durch eine Rolle in
der ersten österreichischen Sitcom war ein erster Meilenstein
ihrer Karriere gelegt. Die Bezahlung war gut und auch die Publicity brachte
ihre Karriere in Schwung. Gegen den Rat ihrer Agenturchefin, die Karriere in Österreich voran zu treiben, nahm die damals 25-jährige
ihr gespartes Geld und verschwand nach New York, wo die wahre Musicalwelt auf
sie wartete. In den zwei Jahren im Big Apple und Los Angeles nahm sie
Unterricht bei vielen renommierten Lehrern und erlebte die Leidenschaft mit der
man dort der Arbeit gegenüber tritt. „Das
war für mich
super, weil ich jetzt noch davon profitiere, was ich dort gelernt habe“, schwärmt sie von dieser Erfahrung. Die
Begeisterung und die Professionalität versucht sie auch als Lehrende für Gesang ihren Studenten zu vermitteln.
Nach dieser Zeit in
Amerika und einer Musicalproduktion in Los Angeles kehrte sie wieder nach Wien
zurück. Fast pleite aber dafür mit
der Erfahrung, dass es mehrere Wege gibt seinen Traum zu verwirklichen,
versuchte sie in Wien wieder Fuß zu fassen.
Durch frühere Kontakte erhielt sie einen Job an der Kammeroper. Trotz ihrem Können und ihrer neuen Energie, war es nicht einfach sich wieder in der
eingesessenen Wiener Schauspielszene zu integrieren. „Weil
bei uns die Leute nicht offen sind für Neues … wenn du von außen
kommst, mit junger frischer Energie, ist das nicht unbedingt erwünscht.“
Ihren zweiten Lebenshöhepunkt erlebte sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem gemeinsamen Sohn
Finn. Alles begann mit Peters Hingabe zum Segeln. Bei ihrem Kennenlernen war
das erste was er ihr zeigte, ein Foto seines Bootes und schwärmte von seinen Abenteuern auf See. Mit dem Segelfieber angesteckte, teilte
sie den großen Traum ihres Mannes, einmal eine Weltumsegelung
zu machen. Nach langen Überlegungen nahm ihr Plan konkrete Formen an. „Nach zehn Jahren wieder weg, und ich habe mir gedacht, dass das nur besser
sein kann, als hier zu hocken und an der Volksoper zu singen.“ Für beide stellte dieses Abenteuer einen großen Einschnitt in ihre berufliche Karriere dar.
Eine Erbschaft gab
dann den endgültigen Anstoß und die finanzielle Sicherheit, um den großen
Schritt zu wagen. Um ihre anfänglichen Bedenken zu mildern, steuerten
sie zu allererst Richtung Karibik. Dort sollte sie entscheiden ob, sie weiter
segeln sollten oder umkehren. Aber einmal Blut geleckt und vertraut mit dem
Leben auf See blickte die Familie dem Abenteuer entgegen.
Eine wahre
Herausforderung stellten die oft wochenlangen Überfahrten
dar.
Untertags musste der
damals fünfjährige Sohn Finn betreut werden. Anfangs
spielte sie stundenlang Lego oder Uno, später stellte sich auch für Finn so etwas wie Schulalltag ein. Schöler-Haring übernahm
die Aufgabe der Lehrerin und brachte ihrem Sohn alles bei, um bei der Rückkehr ohne Probleme in die vierte Klasse einsteigen zu können.
Zuerst lernen, dann entspannen: Finn am Strand. Foto: A. Schöler-Haring |
Jede Ankunft nach
langen Überfahrten war für
sie etwas Besonderes. Nach Tagen auf See, ohne auch nur ein Stück Land zu sehen, war für sie das Erreichen eines Ziels immer ein
emotionaler Moment.
Um ihrem Sohn alle
Erfahrungen bieten zu können durften auch Weihnachtsfeste an Bord ihres 12
Meter langem und 6 Meter breiten Katamaran, Risho Maru nicht fehlen. Ein
wichtiger Bestandteil ihres Gepäcks waren die drei Päckchen
Lebkuchengewürz für die Weihnachtsbäckereien.
Auch wenn die Lebkuchenhäuser, aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit in den
Tropen immer wieder auseinanderfielen, waren es die schönsten
Weihnachten für die ganze Familie.
Nach viereinhalb
Jahren Abenteuer war es für sie wieder an der Zeit zurück nach Wien zu kommen. Als sie durch den Golf von Aden segelten und Kurs
in Richtung Italien nahmen setzte bei ihnen ein mulmiges Gefühl ein. Die Angst davor, ob alles mit Geld, Job und Schule gut gehen würde, tat sich nun zum ersten Mal auf.
In der eigenen Wohnung
wieder angekommen, war das Heim für die Familie plötzlich
zu groß. Das Badezimmer wurde zum neuen Lieblingsort,
weil es so schön eng war, wenn sie sich dort zu dritt aufhielten.
Beruflich gesehen war
das erste Jahr für die Beiden besonders hart. Ihr Mann gab
seine Firma weiter, da er nie wieder selbstständig
40 Stunden die Woche arbeiten wollte, fand jedoch bald wieder einen Job als
Zahntechniker. Für sie hingegen war es sehr schwierig in
ihrem Beruf wieder Fuß zu
fassen: „Du musst vorsingen, du musst vorsprechen, du musst
dich unter die Leute bringen, das wollte ich nicht mehr.“ Das Leben als Schauspielerin empfand sie plötzlich, nach all dem Erlebten, als fahl und fokussierte sich auf das
Schreiben und die Veröffentlichung ihres ersten Buches über ihre Weltumsegelung. Das war eine ihrer Sternstunden, da sie im
Schreiben ihren Anker und ihre Bestimmung gefunden hatte. Doch davon alleine lässt es sich nicht leben.
Auf der Suche, danach
sich wieder zu festigen, begann sie ein Studium zur Freizeitpädagogin. Ihr Traum war es, den Kindern an Schulen ihre Musicalleidenschaft
zu vermitteln. Während dieser Ausbildung unterrichtet sie an
Musicalschulen und kümmerte sich noch um ihre Familie – eine harte aber tolle Zeit für
Schöler-Haring.
Trotzdem bringen die
vielen Abenteuer auf ihrem Lebensweg keine Vorteile bei der Jobsuche, oft hieß es nur „Was, die war viereinhalb Jahre nicht da,
ist die verrückt?“ In Österreich geht es häufig
darum, wen du kennst und wie lange du schon in einem Büro
sitzt. Das sind Dinge und Eigenschaften, mit denen die Abenteurerin nichts
anfangen kann. Und an schlechten Tagen sind es die Erinnerungen an das Erlebte,
die den Alltag wieder erträglich machen.
Zur Zeit hat die
vielseitige Schauspielerin ihre Bestimmung in der Regie gefunden. Alles was ein
bisschen schräg und außergewöhnlich
ist, macht sie in ihrem Job glücklich. So wie ihre letzte Inszenierung
eines weihnachtlichen Theaterstücks.
Abwechslungsreich,
abenteuerlich und hart, so beschreibt Schöler-Haring
ihren bisherigen Lebensweg. Mut und Neugier sind dabei zwei Eigenschaften, die
ihr auf diesem Weg sehr geholfen haben. Auch wenn sie manchmal verzweifelt war,
war sie am Ende wieder erstaunt, was sie alles kann.
Derzeit ist sie gerade
dabei ihr zweites Buch fertigzustellen und zieht dabei ihr eigenes Ding durch. „Ich bin an einem Punkt wo ich mir nicht mehr hineinfunken lasse, weil ich
weiß, das ist es … Einerseits ist es hart, weil es die anderen Leute
nicht verstehe, andererseits ist es super.“
Trotzdem schlich sich
in den letzten zwei Jahren der Alltag wieder in ihr Leben ein. Für die Autorin, Schauspielerin, Sängerin und Mutter bedeutet das, es ist wieder
Zeit für ein neues
Abenteuer.
Die Aufnahme
für das Journalismus und PR Studium an der FH Joanneum Graz bezeichnet Daniel Rebernegg (1990) als
Schlüsselmoment in seinem Leben. Er
liebt die Vielseitigkeit, die ihm das Studium bietet. In 40 Jahren will Rebernegg
in seinem Strandhaus sitzen und auf eine
erfolgreiche PR-Karriere zurückblicken. Gemeinsam
mit seiner Studienkollegin Melanie
Schober hat er das Interview mit Schöler-Haring geführt, sowie Audio-files
und Text aufbereitet. Mit Schöler-Haring verbindet ihn Abenteuerlust,
Gelassenheit und die Liebe zur Musik.