Montag, 22. Juli 2013

Pläne, Pause und Prognosen - die wegmarken im Sommer


Es ist ruhig geworden am wegmarken.blog - aber keine Angst, es gibt uns noch! Die wegmarken.salons sind zwar in die Sommerpause gegangen, im August erwartet euch jedoch ein ganz besonders spannender wegmarken.talk. So viel sei schon verraten: es wird kulinarisch-innovativ. Und mit unserem ersten wegmarken.salon im Herbst wagen wir einen Ausflug in die Welt der schönen Künste. Im wahrsten Sinne des Wortes. Alles dazu erfahrt ihr wie immer hier, am wegmarken.blog.

Ihr wollt euch die Wartezeit verkürzen? Wie wäre es mit einem Abstecher zu den Salzburger Festspielen? Philharmoniker-Bratschist Elmar Landerer hat uns zum wegmarken.talk besucht und erzählt über sein Leben als Profi-Musiker.

Wir freuen uns auf alles Weitere - und natürlich auf euch!
Das Team der wegmarken


Mittwoch, 3. Juli 2013

„Ich mache das auch aus Egoismus heraus“

Das war der 14. wegmarken.salon mit Daniell Porsche.


Autos  und Anthroposophie, Wirtschaft und Wohltätigkeit: es war uns eine außerordentliche Freude, Daniell Porsche als unseren 14. wegmarken.speaker begrüßen zu dürfen. Im bis auf den letzten Platz besetzten Venezianischen Zimmer des Schlosses Leopoldskron sprach der bekannte Förderer von Kultur- und Sozialinitiativen über seine Lebensphilosophie, Projekte, die langsam flügge werden, seine Ideen von der Zukunft der Gesellschaft – und warum er manchmal gerne von Porsche auf Škoda umsteigt.


Philanthropie

Daniell Porsche (c) wegmarken
Wenn es darum geht, zu bestimmen, wo all der Sinn in meinem Leben liegt, muss ich sagen:  ich bin auf der Suche. Man wird nie bereit sein zu erklären, so, jetzt weiß ich, warum ich da bin. Man kann vielleicht sagen, jetzt weiß ich, warum ich bis hierher gekommen bin.
In meiner Jugend hat sich mir verbildlicht, dass ich aus einer Familie komme, wo es später einmal so sein wird, dass man Geld für etwas bekommt, für das man noch sehr wenig getan hat. Und, dass einem gleichzeitig im Leben Aufgaben gestellt werden, ohne dafür eine finanzielle Grundlage zu bekommen.  Außer in meiner Zivildienstzeit habe ich noch nie Geld verdient.
Ich hatte immer ein ungutes Gefühl dabei, Geld anzunehmen, weil es mir finanziell, gesundheitlich und familiär gut geht. Und daher war es mir ein Anliegen, das, was ich an Möglichkeiten, an Fähigkeiten, ich vielleicht auch an Unfähigkeiten habe, der Welt, meinem Umfeld  zu geben. Ein Teil des Geldes, das bekomme, sehe ich als mein Gehalt und es ist meine Einschätzung zu sagen, wie viel das ist. Und dafür arbeite ich, von sieben Uhr in der Früh bis am Abend um zehn, manchmal auch bis drei Uhr morgens, je nach dem, was es für Anfragen gibt und wie diese zu bewältigen sind.
Warum ich das mache? Eigentlich, wenn man es negativ ausdrücken will und doch positiv treffen möchte, wie Mephisto in Goethes Faust, „ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft“: ich mache das auch aus Egoismus heraus, weil es mir sonst nicht gut ginge, weil ich sonst auch nicht gut schlafen könnte.
Meine Zielsetzung ist, das Geld so in die Welt zu bringen, dass es nicht wie in einem Fass ohne Boden verschwindet, sondern wie ein Samenkorn, wie eine Blume erblühen kann und hoffentlich auch einmal Früchte trägt. Viele meiner Projekte werden auch in der nächsten Zeit selbstständig werden müssen, selbstständig werden können und dürfen. Irgendwer hat einmal zu mir gesagt, du bist die Initialzündung und dann müssen die Dinge selber laufen lernen.  Das sehe ich irgendwie auch als meine Aufgabe. Eine Idee zu haben, diese zu initiieren, anzuleiern, in Bewegung zu bringen und dann wieder loszulassen, damit sie auch selbstständig weiter entstehen und bestehen kann.

Ein Balanceakt zwischen zwei Welten

Moderator Franz Wührer (c) wegmarken
Mein Vater hatte neben einem Audi und einem alten Jagdwagen natürlich auch einen Porsche in der Garage. Und irgendwann in meiner Kindheit hab ich gemerkt, aha, mein Familienname heißt gleich wie das Auto. Ich habe mich wohl damit verbunden, aber trotzdem auch abgegrenzt. Person Porsche und Fahrzeug Porsche. Und irgendwann kam dann der Moment, als ich gemerkt hab, die anderen Kinder kommen mit dem Bus oder mit dem Fahrrad zur Schule oder mit einem kleinen Auto – wenn ich zur Schule gefahren wurde, war das hingegen fast immer eine Attraktion. Alle haben geschaut und gesagt, boah, da kommt ein Porsche!  Bei mir hat es dann angefangen zu rattern: da ist doch etwas anders, als bei den Anderen. Und dieses Andere, das ist nicht immer angenehm, das kann auch unangenehm sein. Das ging so weit, dass ich meinen Vater gebeten habe, bitte lass mich ein paar hundert Meter vor der Schule aussteigen, ich geh jetzt zu Fuß, weil ich auch so sein möchte, wie alle anderen.
Und schon ab dem Moment hab ich gesagt, ich muss lernen, mit diesem Namen, dieser Familienhistorie umzugehen und zwar so, dass ich ein gutes Gefühl dabei hab. Und daraus ist dieser Gedanke entstanden, zu sagen, entweder ich zieh mich zurück auf eine Insel, hab meine eigene Yacht und lass es mir selber und sonst niemandem gut gehen, oder ich gebe alles her und will mit der Firma und der Familie nichts zu tun haben. Oder ich entscheide mich für eine dritte Variante und suche nach einer Möglichkeit, diese zwei Extreme zu verbinden und auch andere Prozesse (Menschen) an diesem Gewinn teilhaben zu lassen.
Heute bin ich mit meinem Škoda Yeti da, aber wenn ich mit diesem Škoda Yeti nach Stuttgart fahren würde, zu einer Familienveranstaltung, dann hätte ich ein Problem. Also, allein von dem her brauche ich schon zwei Autos.
Diese zwei Welten, in denen ich mich bewege, habe ich durch meine Eltern kennengelernt. Durch meinen Vater die Wirtschaftsseite und durch meine Mutter die Kunst- und Kulturseite.  Mein Vater ist nie in die Festspiele gegangen, meine Mutter hat mich immer in die Zauberflöte mitgenommen. Das war wunderbar für mich als Fünfjährigen. Die Gäste neben mir haben dann immer gesagt, kann denn der überhaupt so lange ruhig sein, das ist doch so eine lange Oper! Ich war mucksmäuschenstill und begeistert und hab mich jedes Jahr wieder gefreut bei solchen Veranstaltungen dabei sein zu dürfen. Und so war ich dann immer die männliche Begleitung meiner Mutter, weil mein Vater hat immer nur Menschen gezählt und nicht die Veranstaltung genossen.
Aber ich habe durch meine Eltern auch erfahren, dass diese zwei Welten oft sehr weit auseinanderliegen. Das ist so, also ob man zwei Magneten, die sich eigentlich abstoßen, zusammenbringen will. Aber da genau fängt’s an zu funken und darin liegt dann auch die Möglichkeit, etwas Neues zu gestalten. Und auf diesen Kampfweg, auf diesen erlebnisreichen, knisternden Weg habe ich mich dann begeben und bemühe mich um eben diese Verbindung.

Näher zusammenrücken

Es gibt von Rudolf Steiner so einen schönen Spruch: „Denn es müssen in Zukunftszeiten die Menschen füreinander sein und nicht der Eine durch den anderen. So wird das Weltenziel erreicht, wenn jeder in sich selber ruht und jeder jedem gibt, was keiner fordern will.“ Wir arbeiten heute, weil wir uns sagen, am Ende des Monats kriegen wir unser Gehalt. Wie wäre es zu sagen, wir haben Fähigkeiten und wir arbeiten gerne und als Begleiterscheinung bekommen wir auch das, was wir zum Leben brauchen?
Ich erlebe es oft bei Firmen, dass Handschlagqualität wieder mehr zählt. Dass der Vertrag Papierkram ist, den man halt macht, aber der Handschlag eigentlich mehr wert ist. Weil, einen Vertrag, den fechtet man an, dann geht man vor Gericht,  einer ist insolvent, man rennt nach, kriegen tut man eh nichts, die Anwälte kassieren und im Endeffekt ist man unglücklich. Und von dem müsste man eigentlich wieder wegkommen.
Wenn es wirklich hart auf hart kommt, wird es immer welche geben, die die anderen abschießen. Wenn es hart auf hart kommt, wird es aber auch immer welche geben, die zusammenhalten. Und auf das baue ich. Auf das baue ich so, wie, wenn man am Land oder auf der Alm, wenn die Butter aus ist, ganz selbstverständlich zum Nachbarn geht. Wenn jemand mit dem Auto hängt, zieht man den raus, auch um drei in der Früh, ganz selbstverständlich. Das wird wieder mehr greifen, da bin ich mir absolut sicher. Dahin müssen wir kommen, dass es nicht mehr um die Zahlen geht, sondern um das, was wir bewegen können. Dass es nicht mehr um das geht, was jemand als Ausbildung, als Zertifikat hat, sondern um das, was er als Mensch ist. Dass es nicht mehr um das geht, was irgendwer irgendwo einmal gesagt hat, sondern um das, was er hier und jetzt macht.

Reichtum umverteilen

Daniell Porsche und Franz Wührer (c) wegmarken
Ich denke, die Werte müssten anders verteilt werden. Das Grundeinkommen von Götz Werner ist da eine sehr praktikable Geschichte. Dadurch hat jeder das Recht, Geld zu haben, um leben zu können – ob er etwas tut dafür oder nicht. Aber, wenn er etwas tut und mehr bekommt, dann ist das auch rechtens. Das liegt ja dann bei jedem selber.
Dass das Geld umverteilt werden müsste – natürlich. Aber, wenn wir die ganze Erde aufteilen würden und sagen, jeder Mensch hat gleich viel Grund, gleich viel Wasser, gleich viel Haus, gleich viel Auto – ich glaube, wir wären trotzdem nicht glücklich. Ich denke, es macht den Reiz des Lebens aus, dass es Unterschiede gibt. Der eine fühlt sich in einem Hochhaus wohl, der nächste fühlt sich in einer Ranch wohl, ein anderer am Berg. Wir sind einfach unterschiedlich. Und dementsprechend wird es nicht gut sein, wenn man alle über den gleichen Kamm schert. Aber, dass es heute Menschen gibt, die hungern müssen, ist aus meiner Sicht nicht notwendig.
Und, gehässig gesagt, ich glaube, man könnte auch umverteilen ohne, dass wir etwas davon merken. Also, es verschwindet meiner Meinung nach sehr viel Geld, von dem man gar nicht merkt, dass es verschwindet. Es gibt eine Menge Politiker, aber nicht nur Politiker, die Fehler ein zweites oder drittes Mal machen und draus nichts lernen. Und was da an Geld verschwindet, was da an Milch ins Meer gekippt wird, was an Kartoffelchips zum Waschen nach irgendwo, zum Schneiden nach irgendwo, transportiert werden, oder der Umstand, dass man hier in Österreich Pellets aus Afrika billiger einkaufen kann, als Pellets aus Österreich, das muss man einfach in Frage stellen. Und da könnte man strukturell, ohne, dass irgendein Frächter oder irgendeine Firma groß drunter leiden, sicher viel machen. Davon bin ich fest überzeugt. Es wäre sicher unangenehm an manchen Stellen, aber im Großen und Ganzen könnte viel bewirkt werden. Das sind jetzt kluge Worte – können tu ich das leider nicht. 
Ich denke mir oft, wenn ich heute wüsste, dass ich morgen sterben würde, dann wäre das natürlich tragisch und furchtbar, aber ich könnte sagen, ich bin mit dem, was ich gemacht habe, zufrieden. So möchte ich auch in 40 oder 50 Jahren sterben können, dass ich sage, im Großen und Ganzen bin ich mit dem zufrieden, was ich gemacht habe und es gibt nichts, dem ich nachweine, weil ich es nicht gemacht oder verabsäumt habe. Und danach lebe ich auch.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Daniell Porsche für einen seiner raren Gesprächstermine und beim Salzburg Global Seminar für die erneute Gastfreundschaft!