Freitag, 19. November 2010

Hier ist für mich der richtige Platz



Die Idee, seine Liebe zur Kunst mit der Führung eines Hotels zu verbinden, bedeutet für Hoteleigentümer Andreas Gfrerer berufliche Erfüllung. wegmarken sprach mit dem Salzburger Hotelier beim wegmarken.salon darüber, warum man Kunstwerke in Hotelzimmer hängt, Gänsehaut etwas Positives ist und Mitarbeiter Respekt verdienen.

Salzburg, 29.10.2010 / 8.30: Der zweite „wegmarken.salon“  bot wieder persönliche Einblicke und jede Menge Inspiration für alle Teilnehmer. Gesprächspartner und diesmal zugleich Gastgeber war Hotelier Andreas Gfrerer, der in den Creativraum seines arthotel „Blaue Gans“ einlud. Das arthotel ist ein Konzept, das Tradition gekonnt mit zeitgenössischer Kunst verbindet und für Gäste und Mitarbeiter mehr ist als ein gewöhnliches Hotel. „Es ist ein Ort, der Resonanz erzeugen soll“, so Gfrerer.

Andreas Gfrerer im Gespräch mit Franz Wührer


Short.cut
 
Andreas Gfrerer ist seit 1997 Eigentümer des Hotels „Blaue Gans“. Das Hotel in der Salzburger Altstadt besteht seit über 650 Jahren und wird nach langjähriger Verpachtung seit 1997 wieder von einem Familienmitglied geführt. Gfrerer übernahm mit 26 Jahren das Hotel und begann mit der schrittweisen baulichen Erneuerung. 2001 entwickelte er das Konzept eines arthotels und beherbergt seither in seinem Hotel neben Gästen zeitgenössische Kunst. Wie diese setzt auch das Team des innovativen Altsstadthotels immer wieder neue Impulse. Gfrerer, dem die Kunst am Herzen liegt, ist zudem in der Kunstszene Salzburgs sowie im Altstadtmarketing engagiert, veranstaltet regelmäßig Ausstellungen in seinem Hotel und wartet wiederholt mit kreativen Ideen und Projekten auf.

Gfreres wegmarken

Über Nacht Hotelier... 
Ich bin in einer sehr liebevollen familiären Umgebung aufgewachsen und hatte alle Freiheiten bei meiner Berufswahl. Dass ich einmal das Hotel übernehme, war nie Thema in dem Sinne, daß es eine Belastung oder ein Zwang durch meine Eltern gewesen wäre. Natürlich habe ich unbewusst gespürt, dass es den Wunsch gab, das Hotel wieder in Familienbesitz zu führen und vielleicht hat das auch meinen Weg beeinflusst. Ich habe nach der Matura das Tourismuskolleg in Gastein absolviert, dann gab es diverse Studien- und Wanderjahre. Als ich gerade in San Francisco war, kam plötzlich der Anruf von Zuhause, ob ich das Hotel übernehmen möchte, da der bestehende Pachtvertrag auslief. Das habe ich dann einfach gemacht. Und im wahrsten Sinne des Wortes „über Nacht“ war ich Hotelbesitzer. Am 1.10.1997 um 24:00 wurden alle Gäste auf mich umgebucht und ich habe ein Kisterl mit den Schlüsseln erhalten. Das war´s.

Ich bin gescheiter(t)…
Die ersten vier Jahre waren eine Herausforderung, die ich zwar gemeistert habe, die mir, im Nachhinein gesehen, aber alles abverlangt hat. Das Hotel war ein veraltetes 2-Stern Hotel, viele Zimmer hatten kein eigenes Bad und ich habe schrittweise mit der baulichen Erneuerung begonnen. Mir hat einfach die Erfahrung gefehlt, ein Hotel mit einer neuen Qualität zu führen. Da ich ja nicht in einer Hoteliersfamilie aufgewachsen bin, hatte ich auch niemand, der mir gezeigt hat, wie es geht. Mein Führungsstil damals war autoritär und sehr selbstbezogen. Ich wollte alle Entscheidungen alleine treffen und hatte noch nicht das Vertrauen in meine Mitarbeiter, wie es jetzt der Fall ist. Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass es nicht mehr geht, dass ich so nicht weitermachen will. Das war eine sehr einschneidende Wegmarke in meinem Lebens. Dann habe ich zu überlegen begonnen, wie ich es eigentlich haben will, das war ein ganz neuer Prozess.

Eine neue Dimension, die berufliche Erfüllung eröffnet…
In dieser Zeit der Neuorientierung habe ich mich viel mit dem Thema Verantwortung beschäftigt, mit Mitarbeiterführung, mit Kommunikationsstrukturen. Ich habe nach Lösungen gesucht, um diese „Last“ von meinen Schultern zu nehmen und die mir ermöglichen, eine Leichtigkeit zu finden, die mir und dem Hotel gut tut. Ich habe allerdings gemerkt, dass mich das Hoteliersdasein allein auf Dauer nicht glücklich macht, das etwas Essentielles fehlt. Mit dem arthotel hat sich eine neue Dimension ergeben, die mir berufliche Erfüllung eröffnet hat. Kunst war in unserer Familie immer präsent, wir wurden in unserer Kindheit zur Kunst hingeführt und für mich ist Kunst Teil meines Leben. Das Konzept des arthotels besteht darin, Kunst in das Hotel zu integrieren. Wir haben 120 Originale in den Gängen und Zimmern hängen, die angekauft oder gemietet sind, es gibt Artists in Residence und eine generelle Unterstützung der Kunst in Salzburg. Mein Zugang ist hier die persönliche Begegnung, ich rede mit Künstlern und dann ergeben sich gemeinsame Projekte. Weitergeführt wird diese intensive Beschäftigung mit der Kunst in dem hoteleigenen Magazin „Gänsehaut“ und auf unserem Blog im Internet.

Die Unternehmenskultur muss stimmig sein…
Durch das neue Konzept hat sich auch unsere Unternehmenskultur positiv verändert. Die Kunst behandelt alle großen Themen der Menschheit, die man auch im Hotel leben muss, sonst ist das ganze Konzept unglaubwürdig. Unsere Werte ergeben sich aus dem lebendigen Zusammenspiel der Tradition mit der Moderne. Wir leben mit der Tradition dieses Hauses, die überall spürbar ist, wir nehmen bewußt Impulse der Gegenwart auf und bleiben neugierig auf die Zukunft. Ich lege sehr viel Wert auf einen respektvollen und liebevollen Umgang in unserem Team. Jeder Mitarbeiter verdient Wertschätzung, von mir und von den Kollegen. Diese Qualität der Begegnung ist mir sehr wichtig, sowohl intern als auch beim Umgang mit den Gästen. Der Arbeitsplatz soll ein Ort sein, der frei ist von Dauerkonflikten. Wenn es im Team nicht passt, dann muß man darauf reagieren und Dinge verändern. Bei uns gibt es ein aktives Konfliktmanagement und viele Weiterbildungsmöglichkeiten - so erhält zum Beispiel jeder Teamleiter eine Leadership-Ausbildung. Ich habe im Laufe der Zeit gelernt mich auf meine Mitarbeiter zu verlassen.

Gänsehaut und Resonanzen…
Die Blaue Gans, das ist für mich soviel mehr als ein Hotel mit 40 Zimmern. Mein Ziel ist es, Resonanz bei unseren Gästen zu erzeugen. Resonanz ergibt sich durch die Kunst, mit der die Gäste im Hotel konfrontiert sind, bei Gesprächen, beim Umgang mit dem Gast allgemein. Wir haben allein durch die Lage des Hotels nahe des Festpielhauses viele Gäste, die sich mit Kunst beschäftigen, so ergeben sich immer inspirierende Gespräche. Auch das Magazin „Gänsehaut“ und unser Blog – als Kommunikationsmittel nach außen - tragen dazu bei Resonanz zu erzeugen. Diese Schwingungen, die dadurch entstehen, verändern und berühren ganz direkt. Das ist wie mit der Kunst. Wenn man in einem Konzert sitzt und ein wunderbares Musikstück hört, bekommt man unwillkürlich eine Gänsehaut und hat das Gefühl, dass irgendwo ganz tief drinnen eine Seite angeschlagen wird. Diese Schwingung verändert in jedem Menschen etwas und das finde ich sehr schön. 

Sehen was die Zukunft bringt…
Für mich ist das Hotel derzeit der richtige Platz. Andere Projekte sind nicht in Planung, denn jetzt hat erst einmal meine Familie Vorrang. Die Hotelbranche wird sich in den nächsten Jahrzehnten sicher weiter stark verändern. Ob meine Tochter irgendwann das Hotel übernehmen wird, das ist ihre Entscheidung, wenn es soweit ist. Was ich dann tun möchte, weiss ich jetzt noch nicht, es wird aber in eine andere Richtung gehen, habe ich das Gefühl.

Meine Philosophie:
Das Herz nicht zu Hause lassen, wenn man in die Arbeit geht.


Im Berufsleben sollte man:
Auf Wertschätzung und respektvollen Umgang miteinander achten. Die Qualität der Begegnung zählt.



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