Donnerstag, 16. Juni 2011

Gedanken vor dem Sterben


Bronnie Ware* arbeitete jahrelang in der Palliativmedizin und begleitete Sterbende in ihren letzten Stunden. Sie hat einen Artikel über ihre immer wiederkehrenden Erfahrungen geschrieben. Kurz vor ihrem Tod begreifen Menschen oft in schmerzvoller Weise, dass sie ihr Leben nicht so gelebt haben, wie sie eigentlich wollten. Bronnie Ware fand fünf häufig wiederkehrende Wünsche, die Sterbende in ihrer Gegenwart häufig äußerten:

  1. Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, ein Leben zu leben, in dem ich mir selbst treu bin, nicht ein Leben, das andere von mir erwarteten.
    Dieses Bedauern wurde am häufigsten genannt. Wenn Menschen am Ende ihres Lebens angekommen sind, realisieren sie, dass so viele Wünsche nicht in Erfüllung gegangen sind. Die meisten Patienten bemerkten erst jetzt, dass sie nicht einmal die Hälfte ihrer Wünsche in die Realität umgesetzt haben – aufgrund von Entscheidungen, die sie bewusst getroffen oder nicht getroffen hatten.
     
  2. Ich wünschte, ich hätte nicht so hart gearbeitet.
    Männer sagten besonders oft, dass sie keine Zeit hatten, sich um ihre Kinder und ihre Partner zu kümmern. Die Arbeit ging immer vor und viele lebten in dem Irrglauben, dass sie so viel arbeiten mussten, um einen scheinbar notwendigen Lebensstil aufrecht zu erhalten.

  3. Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.
    Viele bedauerten, dass sie ihre Gefühle unterdrückt haben, nur um in Frieden mit anderen zu leben. Das Resultat war eine durchschnittliche Existenz, die von andauernden Kompromissen und hinunter geschluckten Emotionen geprägt war. Die Angst vor einer negativen Reaktion auf eine Gefühlsäußerung war stärker, als der potentielle Gewinn einer geklärten Beziehung.

  4. Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben.
    Im Lauf der Jahre sind viele Freundschaften auf der Strecke geblieben, das starkes Bedauern bei Patienten ausgelöst hat. Beim Sterben vermisst jeder seine Freunde.

  5. Ich wünschte, ich hätte mich glücklicher gemacht.
    Dieser Wunsch wurde überraschend oft genannt. Die Erkenntnis, dass Glück ein Zustand ist, für den man sich aktiv entscheiden kann, wurde von vielen erst am Ende ihres Lebens erkannt. Die Angst vor Veränderung führte oft dazu, sich selbst und anderen etwas vor zu machen.

Wir haben uns bis jetzt bei wegmarken auf das Leben konzentriert. Ab und zu tut es aber gut, auch die andere Seite zu betrachten: auch jenseits unseres beschäftigten Lebens zu schauen, unseren Lebensstil und Wünsche zu hinterfragen und zu überprüfen, ob wir ehrlich zu all diesen Fragen eine für uns befriedigende Antwort geben können.

We are not permitted to choose the frame of our destiny.
But what we put into it is ours.
- Dag Hammarskjold



 * Dieser Artikel ist eine Übersetzung des englischen Orginals von Bronnie Ware.

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