Im ersten Teil unseres Berichts vom 9. wegmarken.salon mit Ilse und Günter Achleitner haben wir vom Weg der Achleitners von der Übernahme des elterlichen Hofs bis hin zum Bio-Bauernhof berichtet und erklärt, was am Biogedanken so faszinierend ist. Viel Spaß bei der Lektüre von Teil zwei!
Der Bio-Virus
Was die
Achleitners außerdem „einfach total motiviert“ ist es zu sehen, wie sich der Biogedanke fortpflanzt. Da gibt es etwa die direkt angrenzende
Nachbarin, ein ganz kleiner Betrieb mit 6 ha, die zuerst im Nebenerwerb tätig war
und durch eine Ökowirtausbildung und die Umstellung auf Bio jetzt im Vollerwerb
arbeitet. Den Praxisteil der Ausbildung hat sie übrigens
bei den Achleitners gemacht.
„Es sind viele Betriebe in der Region, die
zuerst im Nebenerwerb waren. Seit wir sie dazu motivieren konnten auf Bio
umzustellen, sind sie im Vollerwerb und können davon leben und haben teilweise
schon wieder Leute angestellt. Das ist natürlich toll!“, so Günter Achleitner.
Ilse: „Wir sind
da sehr infektiös (lacht). Fast jeder Bauernbub, der bei uns gearbeitet hat,
hat seinen Betrieb dann auf Bio umgestellt.“
Günter: Genau, es
gibt fast keinen Mitarbeiter bei uns, der daheim seinen Betrieb dann nicht umgestellt
hat. Einen haben wir noch, aber der ist erst seit 1,5 Jahren dabei, den kriegen
wir auch noch (lacht).
Erfolg durch Mundpropaganda
„Das Problem, ist“, sagt Ilse Achleitner, „dass
die Bauern das Vermarkten verlernt haben. Das hat uns das Lagerhaus verlernt!
Weil da bringt man alles hin und kippt es rein und kriegt im Austausch
Pestizide und Dünger geliefert und muss sich um nichts kümmern und streift mit
keinem Kunden an. Ich hab mich ja am Anfang geschämt, wenn ich einen Kunden angerufen
habe und gefragt hab: ‚Braucht‘s ihr einen Salat, oder nicht?‘ Soweit war ich
weg davon.
Aber der Günter
hat den Handel im Blut. Sein Großvater war Viehhändler. Der Günter hat auch
immer schon den besseren Sinn für große Strukturen und den Überblick. Mein
Zugang ist eher zum Endkonsumenten, weil ich, glaub ich, die Menschen gut spür
und auch gern hab. Und von der Vermarktung her würd ich sagen, dass wir uns
einfach gut ergänzen und, dass wir das auch annehmen können, dieses
Sich-Ergänzen.“
Aber das
Marketing spiele generell eine sehr
untergeordnete Rolle, da viel durch Mundpropaganda passiere, sagt Ilse
Achleitner.
„Die Leute haben da einfach
Vertrauen in uns, dass wir diese Bio-Vermarktung nicht machen, weil wir damit
viel Geld verdienen wollen, sondern weil es uns aus unserer
landwirtschaftlichen Tätigkeit heraus ein Uranliegen ist. - Ilse Achleitner
Und weil wir
wollen, dass es den anderen Biobauern auch gut geht und, dass Bio so gut es
geht vermarktet werden kann. Da ist wirklich sehr viel Nähe und Vertrauen von
Kundenseite da.“
Ein „Wunderwuzzi „im
Kaufmännischen sei sie aber trotzdem nicht, was sich auch in einer heftigen
Krisenzeit niedergeschlagen hätte.
Hochwasser schafft neue Strukturen
„Wir sind einfach
extrem schnell gewachsen, mit einer Umsatzverdoppelung innerhalb von 3 Jahren
und natürlich sind die innerbetrieblichen Strukturen nicht mitgewachsen. Da
haben uns viele im Nachhinein gesagt, das ist normal, für uns war’s aber ganz
und gar nicht normal.“
Das Hochwasser 2002
war ein einschneidendes Ereignis für den Betrieb. Bis dorthin fand die
Vermarktung direkt am Bauernhof statt, der mit dem Handelsbetrieb mitgewachsen
war. Schritt für Schritt wurden Büros und Kühlräume für die Vermarktung gebaut. Alle 2,3 Jahre gab es eine größere
Baustelle. 2002 sollte der Betrieb dann baulich neu strukturiert werden.
„Dann ist eben das Hochwasser gekommen und
wir haben die Widmung für den Bau nicht mehr bekommen. Die Planung war fix und
fertig. Das war natürlich mal ein Schock für uns.
„Da haben wir
gesagt, ok, wir bauen neu, bleibt uns eh nichts anderes über.“ Man wollte sich
ohnehin weiterentwickeln und den Biogedanken weitertragen, für mehr und mehr
Produzenten Vermarktungspartner werden. Der Markt entwickelte sich gut und so
ging alles Hand in Hand. „Für uns war es selbstverständlich, dass wir 100%
ökologisch bauen, das heißt Passivhaus.“ 2005 wurde der Neubau eröffnet – mit
einer Baukostenüberschreitung von über einer Million Euro.
„Man muss auch
dazusagen, dass wir durch diese ökologische Bauweise auch teurer gebaut haben! Als
Passivhaus mit Holz, Stroh und Lehm baut man nicht so günstig, wie, wenn man
eine Paneelhütte hinstellt. Aber für uns war von vorneherein klar, dass wir mit
dem ökologischen Gedanken nicht bei der Ernährung aufhören wollen, sondern in
viele Lebensbereiche miteinbeziehen wollen.“ Die neuen Büros werden etwa mit
Pflanzen klimatisiert, Klimaanlage gibt es keine. Außerdem wurden mit dem
Neubau auch ein Bio-Restaurant, das Kulinarium, und ein Bio Frischemarkt
eröffnet. „Das hat uns am Anfang noch recht wehgetan, weil man es sich aus
einem Hofladen heraus nicht vorstellen kann, dass man da plötzlich mit einem
Einkaufswagen durchfährt. Aber wollten einfach den Biogedanken schmeckbar
machen und auch erschwinglich. Unser Restaurant ist sicher nichts, was uns
große Gewinne einbringt, sondern wir schauen halt, dass, in der Landwirtschaft
sagt man so, hui um geht (lacht) und, dass man einfach Menschen motiviert. Man
sollte sehen, biologisch kann ja auch gut schmecken.“, sagt Ilse Achleitner.
Die nächsten 2-3
Jahren habe sich der Betrieb dann aber sehr gut entwickelt. „Was sich aber nicht mitentwickelt hat, das
war die Struktur im Betrieb. Da hatten wir 2 Jahre mit heftigen Defiziten.“ Grund waren strukturelle und familiäre
Probleme, gekoppelt mit einem Marktknick. Drei Bio-Supermarkt-Ketten hatten
geplant, in jedem Bundesland mindestens
eine Filiale zu eröffnen – mit den Achleitners als Hauptlieferanten. Aus
verschiedenen Gründen wurde diese Expansion nicht umgesetzt, Sortiment und
Betrieb der Achleitners waren aber bereits darauf ausgerichtet. „Da sagt uns im
Nachhinein jeder Berater, das passiert jedem einmal! Aber wir haben das im
Familienbetrieb nicht ganz so schmerzfrei auf den Weg gebracht. Wir sind halt
keine gelernten Manager.“
Moderator Franz Wührer |
Mit einem
Unternehmensberater wurde der Betrieb schließlich neu strukturiert. „Jetzt sind
wir an einen Punkt, wo wir sagen können, wir fühlen uns wohl. Bei der
Budgetplanung ist einfach sehr viel hemdsärmelig entschieden worden, was wir in
der Boom-Phase auch sehr gut verkraftet haben, alle Ressourcen und alle Kapazitäten
waren ausgenützt durch dieses schnelle Wachstum. Aber was im Nachhinein das
Gute war: Wir haben selber erkannt, dass wir was tun müssen und es ist nicht
die Bank zu uns gekommen und hat gesagt: jetzt ist es aus mit der Finanzierung.“
Die Spanische Gurke
Um ihre Kunden
auch im Winter mit Biogemüse versorgen
zu können, kommt ein ausgeklügeltes Lager- und Kooperationssystem zum Einsatz.
Da kommt es durchaus vor, dass Bioprodukte aus dem Ausland eingekauft werden.
„Von der
Ökobilanz her kommt da oft ganz was anderes heraus, als einem das Bauchgefühl
sagt. Da sagt man, naja, wenn‘s im Mai eh schon Österreichische Gurken gibt,
kauf ich keine spanischen Biogurken. Aber die Österreichischen sind halt in
reiner Hydrokultur gewachsen mit künstlicher Belichtung, die extrem
energiebelastend ist und im vollen Pestizidcocktail. Und dem gegenübergestellt
eine biologische Gurke, z.B. aus Spanien, wo jetzt „nur“ der Transport die
Belastung ist.“ Die spanische Gurke bringe es dabei nur auf 40% der Umweltbelastung,
die die österreichische Gurke zu verbuchen habe.
Aber, kann man
garantieren, dass die spanische Gurke auch wirklich Bio ist? Das kann ich, weil
ich den Bauern dort kenn.“, sagt Günter Achleitner. Außerdem habe die
Bio-Zertifizierung weltweite Standards. Ein Bauer, der sich entschließe auf Bio
umzustellen, setzte immerhin seine gesamte Existenz aufs Spiel und so was tut
man nicht leichtfertig, gibt Günter Achleitner zu Bedenken. „Von dem gehen wir
mal grundsätzlich aus, dass sich der etwas überlegt hat dabei. Und diese
Kontrollen sind auch nicht harmlos.“
Aus dem Publikum ist zu hören: Man kann den Konsumenten aber nicht aus seiner Verantwortung
entlassen. Ich muss mich als Konsument informieren und mitdenken, was ist
logisch. Ist eine Gurke im Dezember logisch?
Ausblick von der Panoramaterasse des UW Aigen |
Trotzdem wird bei
den Achleitners drauf geachtet, Produkte so lokal wie möglich einzukaufen: „Wenn‘s
möglich ist es in Verona zu produzieren, dann lass ich es in Verona produzieren
und nicht in Sizilien oder Spanien, auch wenn’s billiger wär.“ Mit den ausländischen Partnerbetrieben
würden genau die gleichen Vereinbarungen getroffen, wie mit jenen in
Österreich: „Das macht dann keinen Unterschied, ob das die Nachbarin ist, oder
der Bauer in Mantua. Und das sind genauso Bauern, ganz kleine Familienbetriebe
mit ein bis drei Hektar, die sich echt bemühen um ihren Boden. Und die können
davon leben. In Griechenland ist es gerade so, dass viele junge Leute aus der
Stadt wieder aufs Land gehen, sogar zu den Großeltern teilweise, und da dann
das Land bewirtschaften. Und wir sehen es auch als unsere Aufgabe, denen dort
zu helfen.“, gibt Günter Achleitner zu verstehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen