Wahnsinn! 17 Word-Seiten ist das Achleitner-Interview vom letzten
wegmarken.salon lang! Und so interessant, dass man am liebsten jedes
Wort veröffentlichen möchte.
Unser Bericht ist deswegen so lang geworden, dass wir ihn auf zwei Posts aufteilen müssen. Viel Spaß beim Lesen, Informieren, Nachdenken!
Grüner Daumen trifft Vermarktungstalent
Seinen „grünen
Daumen“ hat Günter Achleitner in einer Gärtnerlehre kultiviert. Sein
Vermarktungstalent entfaltete sich ebenfalls schon im Teenageralter am bäuerlichen
Gemüsefeld. Bereits als 18jähriger fährt
er im Mühlviertel von Haus zu Haus und bringt das Gemüse vom elterlichen
Bauernhof – damals noch konventionell bewirtschaftet – an Mann und Frau. Als es
irgendwann darum geht, den Betrieb von den Eltern zu übernehmen, stellt er dem
Vater Bedingungen: Gewächshäuser für den Salat will er, damit er seine Kunden
länger damit beliefern kann, und einen LKW um seine Produkte zu vermarkten.
Seine
Frau Ilse kennt er erst ein knappes Jahr, als geheiratet wird. Ilse Achleitner
stammt ebenfalls aus einer Bauernfamilie, dass die Tochter in die Fußstapfen
der Eltern treten wird, stößt hier aber eher auf Entsetzen. Sie hatte immerhin
die Handelsakademie absolviert und schon in einer Bank gearbeitet, als die
Entscheidung fiel. Die Tochter sollte es doch „einmal besser haben“ als der
Vater, der „365 Tage im Jahr in den Stall gegangen ist, ob er krank war oder
nicht.“ Und ein grüner Daumen wird Ilse auch nicht unbedingt attestiert: „Meine
Mutter, die hat mir schon nur mehr Kakteen ins Zimmer gestellt, weil alles
andere ist bei mir immer vertrocknet.“
Schon beim Hochzeitsladen wird die erste Bio-Spritze verabreicht. Urheber ist Günters Onkel, Demeter-Saatzüchter Hans Gahleitner, der die Achleitners schließlich vom Bio-Gedanken überzeugen wird.
Schon beim Hochzeitsladen wird die erste Bio-Spritze verabreicht. Urheber ist Günters Onkel, Demeter-Saatzüchter Hans Gahleitner, der die Achleitners schließlich vom Bio-Gedanken überzeugen wird.
Hasen fressen Lieber Bio
„Am ersten Tag, an
dem uns der Vater den Betrieb übergeben hat, hat er gesagt: Und mit der
Unkrautspritze fährst jetzt du! Ohne irgendwie zu erklären, wie das
funktioniert.“ Und von vorneherein war dieser große Widerwille da, gegen die
Pestizidspritze. Der Druck in der konventionellen Landwirtschaft wird immer
größer, die Preise immer schlechter und die Arbeit immer unbefriedigender. Irgendwann
können im Folienhaus nur mehr 50-60% der Salate geerntet werden „weil alles
schon so faulig war, weil wir schon so viel Bodenkrankheiten drinnen gehabt
haben. Und da muss man dann normalerweise den Boden dämpfen, also auf 60 cm
Bodentiefe sterilisieren, da ist dann das ganze Bodenleben und alles kaputt.
Das war dann die Phase in der wir die Kompostierung nach Lübke kennen gelernt
haben, wie wir dann liebevoll unseren ersten händischen Kompost gemacht haben,
wo ich mit dem Spritzkrug die Bakterien reingespritzt hab. Den haben wir dann
ausgebracht und plötzlich haben wir 80-90% der Salate ernten können. Und da hat
es dann „aha“ gemacht. So, dieses Zusammentreffen von diesem Widerwillen gegen
das Unkrautspritzen und mit diesem Kompost – von einem Jahr aufs andere so viel
gesünder!“, erzählt Ilse Achleitner. Und trotz der öffentlichen Meinung funktionierte
es. Die sagte damals nämlich: „Biologischer Gemüsebau funktioniert nicht! Aus.
Und es werdets euch schon anschauen! Und der Vater hat gesagt, er geht nimmer
zum Stammtisch, weil das tut er sich nicht an, dass er sich das jeden Tag
anhört.“, sagt Ilse Achleitner. „Das war ein richtiger Befreiungsschlag, dass
ich mit dem Gift nichts mehr tun hab müssen.“, meint ihr Mann Günter.
Ilse: „Das
Bewegende, was uns so ergriffen hat ist das Lebensprinzip in der biologischen
Landwirtschaft. Dieses Lebensprinzip wird multipliziert und auf den Feldern
fortgesetzt und ist ein Spiegelbild zur Ernährung – diese Parallele von
Ernährung und Boden.
"Gesunder Boden,
gesundes Tier, gesunder Mensch, das war sehr schlüssig für uns und ist es nach wie vor." - Ilse Achleitner
Ganz wichtig ist uns einfach das Schließen des Kreislaufs, dass
man einfach aus Abfällen, die im Betrieb anfallen, wieder einen wertvollen
Dünger machen.“
Günter: „Konventionelle
Nachbarn müssen ihre Salate oft gar nicht einzäunen. Wir müssen die Salate
hingegen schon einzäunen, weil die Hasen und die Rehe viel mehr auf das
biologische gehen, als auf das konventionelle. Es gibt auch Versuche vom Ludwig
Boltzmann Institut in Wien mit Ratten und Gemüse, speziell Karotten und es ist
interessant, dass die Ratten zu fast 100% die Bio-Karotten gefressen haben, das
konventionelle haben sie liegen gelassen.“
Ilse: „Schade,
dass die Menschen diese Instinkte nicht haben, gell? (lacht)“
Darin zeige sich auch
der Widerspruch zur herkömmlichen Agrar-Lehre, so Günter Achleitner. Dort gehe
man etwa davon aus, man brauche 300 kg Reinstickstoff pro Hektar um Kraut zu
ernähren. „Wenn man im Kompost nachmisst kommt man nur auf 50 kg und es
funktioniert trotzdem.“
Im Gegensatz zur
herkömmlichen Landwirtschaft sei Bio gekennzeichnet durch die organische Ernährung der Pflanze mit
Kompost und Gründüngung und zum anderen durch das Weglassen von chemischen Mitteln, Fungiziden, Herbiziden und
Pestiziden.Bio heiße aber natürlich
noch viel mehr, sagt Günter Achleitner, zum Beispiel was die Fruchtfolge anginge.
In der konventionellen Landwirtschaft werde auf derselben Fläche dreimal im
Jahr die gleiche Kultur angebaut, Salate etwa. „Wir halten eine Fruchtfolge von
4-5 Jahre ein und machen selbstverständlich
nur eine Frucht pro Jahr. Und
bis zum nächsten Jahr kommt da keine weitere Frucht drauf, sondern nur
Gründüngung, damit gebe ich dem Boden etwas zurück.“
Im Biolandbau könne
man außerdem nur vorbeugend arbeiten. „Wenn der Schaden erst mal da ist, kann
ich nichts mehr machen.“ Wenn der Boden nicht sorgsam behandelt und aufgebaut
würde, könne Biolandbau nicht funktionieren. „Das ist wie in der Medizin. Wenn
ich glaube, ich spritz da mit einem Pflanzenschutzmittel drauf und dann geht’s
weg, das kann nicht funktionieren, wenn ich immer nur versuche des Unkraut zu
bekämpfen und nicht die Ursache.“
„Mein erstes Buch“,
erzählt Ilse Achleitner, „das haben wir bei der Hochzeit geschenkt bekommen,
das war „Gesundheit durch Heilkräuter“ nach Wilfort, da war hinten so ein
Register drin. Wir haben 5 Kinder und da war immer wieder mal eines krank und
selber geht es einem ab und zu auch nicht so gut. Da hab ich immer nachgelesen
über des Problem und da ist dann vorgekommen: Karotten, Zwiebel, Knoblauch,
Kartoffeln, Kraut und da hab ich mir gedacht: das ist doch ein Wahnsinn!
Heilkräuter das ist nicht nur Kamille und Zinnkraut, sondern da ist die ganze
Gemüsepalette mit drin. - Ilse Achleitner
Heute spricht man von 20, 30, 40 000 phytoaktiven
Substanzen, die in Obst und Gemüse enthalten sind!“
Reinigungskur für den Boden
„Was auch
interessant ist: Wir haben mitten im Betrieb einen Brunnen, der ist eine
Landesmessstelle, wird also ständig kontrolliert. Und der hat nachweislich
immer die niedrigsten Nitratwerte in der ganzen Region!“, so Günter Achleitner.
Der biologische
Boden entwickle eine Puffer- oder Schwammfunktion, erklärt Ilse Achleitner, und
entgifte so das Wasser. Im Falle eines Hochwassers könne der biologische Boden durch
diese Schwammfunktion außerdem viel mehr Wasser aufnehmen. „Und bei Trockenheit
hat er viel mehr Wasser gespeichert und wir müssen später bewässern als die
Konventionellen.“
„ Also, ich trau
mir zum Beispiel sagen, wenn alle Betriebe biologisch wirtschaften würden,
hätten wir bei Weitem nicht die Probleme mit den Hochwässern. Ich meine, das
ist schon ein Wahnsinn was die Konventionellen da machen.
Wenn der Konsument wüsste, wie konventionelles Obst und Gemüse
produziert wird, er würde es nicht mehr kaufen. - Günter Achleitner
Des trau ich mir zu einem
jeden sagen. Das konventionelle Gärtnergemüse wächst ja auch oft gar nimmer im
Boden, sondern in einer Nährlösung und im vollen Pestizidcocktail, das ist rein
steril.“ sagt Günter Achleitner
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