Unterwasserarchäologe Kuratorium UNESCO Welterbe Pfahlbauten, Kinderbüro der Universität Wien
Das beste Gefühl dafür, wie viel Liebe
Unterwasserarchäologen ihrem Beruf entgegenbringen, bekommt man, wenn man sie
von winterlichen Tauchgängen in alpenländischen Seen erzählen hört. Archäologe
Cyril Dworsky macht aber mehr als das: als Geschäftsführer des Kuratoriums
Pfahlbauten sorgt er dafür, dass dem verborgenen Welterbe unter Wasser Schutz
und Aufmerksamkeit zu Teil wird. An der KinderuniWien kümmert er sich überdies
darum, dass auch die Jüngsten von seiner Begeisterung für das Erbe der
Menschheit und die Wissenschaft im Allgemeinen angesteckt werden. Wir haben
Cyril Dworsky an einem kalten Wintertag in seinem „Revier“, nahe der
Pfahlbau-Welterbestätten am Attersee, zum wegmarken.talk getroffen.
(c) Cyril Dworsky |
„Von meiner
Ausbildung her bin ich Archäologe und hab also immer versucht, spannende Dinge
über unsere Vergangenheit herauszufinden. Ich bin irgendwann draufgekommen,
dass ein besonders spannendes Kapitel unserer Vergangenheit, unserer
Menschheitsgeschichte hier in Österreich, relativ unbemerkt vor sich hin
schlummert. Das sind eben die prähistorischen Pfahlbauten, oder, ganz
allgemein, unser Kulturerbe unter Wasser. Und es war für mich relativ
unverständlich, warum die Fachwelt nicht besonders interessiert daran ist. Wir
haben dann einfach begonnen, uns näher damit auseinander zu setzen und da Steine
ins Rollen zu bringen. Das ist ein recht mühsamer Weg gewesen. Ein Teil unserer Strategie war es dabei, die
Öffentlichkeit zu informieren und zu sagen, hallo, da sind spannende Dinge vor
euren Haustüren und in euren Tauchrevieren, in eurer Heimat. Man denkt ja bei
Archäologie in Österreich nie an Dinge unter Wasser. Alle, die von
Unterwasserarchäologie hören, denken immer nur an Schiffsarchäologie, an Wracks
und ähnliche Dinge, aber auch in einem Binnenland wie Österreich gibt es dieses
Kulturerbe unter Wasser und das wollten wir den Leuten einfach mitteilen. Ein
sehr spannender und befriedigender Weg dazu war von Anfang an die Arbeit mit
Kindern, denen unsere Geschichten zu erzählen. Über diese Schiene bin ich dann
auch zur Kinderuni gekommen.
Es geht mir nicht
nur um die Archäologie, sondern prinzipiell um Wissenschaft. Darum, was
Menschen machen, wenn sie neugierig sind.
Da ist dann auch wieder die Brücke gelegt zu den Kindern, weil Kinder
einfach extrem neugierig sind und die Wissenschaft, jede Forschung, aus dieser
Neugier generiert wird. Wenn man Kinderuni macht, kriegt man auch als
Wissenschaftler ganz viel zurück. Man beginnt seine Projekte neu zu denken,
weil man sie anders erklären muss, als man es gewohnt ist und das ist einfach
eine faszinierende Sache.
(c) Cyril Dworsky |
Ich mache damit
sicher ganz andere Dinge, als ich es mir früher vorgestellt habe. Aus
organisatorischen Gründen komme ich nicht mehr dazu, Archäologie im
eigentlichen Sinne zu betreiben. Also, ich schlüpfe nicht mehr in den
Taucheranzug und mache meine
Untersuchungen unter Wasser, sondern versuche einerseits dafür zu sorgen, dass
die Fundstellen, die es gibt, gut betreut, erforscht und geschützt werden und,
damit zusammenhängend, dass das Thema auch zukünftigen Generationen von
Archäologen und Archäologinnen ein Anliegen ist. Und, dass diese auch eine
Möglichkeit haben, in diesem Bereich zu arbeiten. Heutzutage gibt es das ja
selten, dass Leute wirklich gut unterstützt werden an den Universitäten. Ich
versuche dafür zu sorgen, dass die Beschäftigung mit dem Thema Pfahlbau eine
Perspektive für junge WissenschaftlerInnen ist, die nicht ganz so absurd aussieht,
wie für mich damals.
Natürlich tue ich
diese Arbeit auch mit etwas Wehmut. Ich habe jetzt Zugang zu Quellen, die mir
früher verschlossen waren. Wir sind im Naturhistorischen Museum in Wien
angesiedelt, an der prähistorischen Abteilung. Im Tiefenspeicher des
Naturhistorischen Museums gibt es eine unglaublich Fülle an Fundstücken aus der
Pfahlbauzeit und wenn man sich das anschaut, dann reizt es einen schon sehr
hier weiterzumachen. Es ist klar, dass ich im Moment einfach keine Chance habe,
an einem Thema inhaltlich zu arbeiten und das tut mir natürlich leid. Und wenn
ich, wie heute, am See bin, dann juckt es mich schon, wieder in die Fluten zu
steigen. Auch, wenn es kalt draußen ist, aber das stört einen nur die
ersten zwei Tage. Aber meine Arbeit macht in anderen Bereichen dafür sehr viel
Spaß. Gerade im Kontakt mit Leuten, die mit Archäologie bisher wenig zu tun
hatten. Wenn Leute, die nahe der
Fundstellen wohnen, sagen, ok, das ist jetzt kein unnötiges Trara um ein paar
Stempen im Wasser, sondern etwas Spannendes. Wenn die Leute verstehen, dass man
das nicht nur für die reine Wissenschaft macht, sondern, dass das auch immer
untrennbar verbunden ist mit dem eigenen Werdegang, dem Werdegang einer ganzen
Region. Es ist natürlich ein riesen Glücksfall gewesen, dass wir dieses UNESCO Welterbe-Projekt
machen konnten, wir bekommen auch eine ganz neue Aufmerksamkeit dadurch.
(c) Cyril Dworsky |
Die Momente, wenn
es einem am meisten Spaß macht und man weiß, warum man das tut, die erlebe ich
schon in der Vermittlung. Ein konkretes Beispiel war für mich sehr
beeindruckend: Ich habe eine Kinderuni-Vorlesung in einem Beserlpark in einem
Wiener Außenbezirk gehalten. Gleich am Anfang ist ein Jugendlicher, etwa ein
Zwölfjähriger, zu mir gekommen und hat gefragt, was man denn als Archäologe so
verdient. Dann muss man halt sagen, dass man sicher nicht reich wird damit. Wenn
für ihn die Verdienstmöglichkeiten das Kriterium dafür sind, welchen Berufsweg er
später einschlagen wird, dann muss man ihm davon abraten, in die Archäologie zu
gehen. Und für ihn war das dann auch so. Nach dieser Vorlesung ist er dann aber
noch einmal zu mir gekommen und hat gesagt, das was ich ihm da erzählt hab, was
wir da gemeinsam gemacht haben, das sei schon sehr spannend. Er würde sich
überlegen, ob das nicht doch auch ein Weg wäre. Auch, wenn es jetzt nicht so
viel einbringt und er sich damit auch nicht den Sportwagen finanzieren kann.
Das sind Momente, die einen froh machen.
Irgendwann würd
schon gern im wirklich Warmen tauchen, meinetwegen auch erst, wenn ich 75 bin. Man
weiß ja ohnehin nicht, wie lange man in Zukunft arbeiten werden muss und, ja,
ich kann mir gut vorstellen meine Arbeit auch noch mit 75 zu machen. Momentan
habe ich das Glück, in beiden meinen Jobs ein wahnsinnig angenehmes
Arbeitsumfeld zu haben mit Leuten, denen ich vertraue, wo ich das Gefühl hab,
dass wir uns gegenseitige Achtung entgegenbringen. Es sind zwei ganz
unterschiedliche Jobs und dadurch ist es auch extrem vielfältig. Fad wird mir
nie.“
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