Donnerstag, 21. Februar 2013

wegmarken.talk: Cyril Dworsky


Unterwasserarchäologe Kuratorium UNESCO Welterbe Pfahlbauten, Kinderbüro der Universität Wien

Das beste Gefühl dafür, wie viel Liebe Unterwasserarchäologen ihrem Beruf entgegenbringen, bekommt man, wenn man sie von winterlichen Tauchgängen in alpenländischen Seen erzählen hört. Archäologe Cyril Dworsky macht aber mehr als das: als Geschäftsführer des Kuratoriums Pfahlbauten sorgt er dafür, dass dem verborgenen Welterbe unter Wasser Schutz und Aufmerksamkeit zu Teil wird. An der KinderuniWien kümmert er sich überdies darum, dass auch die Jüngsten von seiner Begeisterung für das Erbe der Menschheit und die Wissenschaft im Allgemeinen angesteckt werden. Wir haben Cyril Dworsky an einem kalten Wintertag in seinem „Revier“, nahe der Pfahlbau-Welterbestätten am Attersee, zum wegmarken.talk getroffen.

(c) Cyril Dworsky
„Von meiner Ausbildung her bin ich Archäologe und hab also immer versucht, spannende Dinge über unsere Vergangenheit herauszufinden. Ich bin irgendwann draufgekommen, dass ein besonders spannendes Kapitel unserer Vergangenheit, unserer Menschheitsgeschichte hier in Österreich, relativ unbemerkt vor sich hin schlummert. Das sind eben die prähistorischen Pfahlbauten, oder, ganz allgemein, unser Kulturerbe unter Wasser. Und es war für mich relativ unverständlich, warum die Fachwelt nicht besonders interessiert daran ist. Wir haben dann einfach begonnen, uns näher damit auseinander zu setzen und da Steine ins Rollen zu bringen. Das ist ein recht mühsamer Weg gewesen.  Ein Teil unserer Strategie war es dabei, die Öffentlichkeit zu informieren und zu sagen, hallo, da sind spannende Dinge vor euren Haustüren und in euren Tauchrevieren, in eurer Heimat. Man denkt ja bei Archäologie in Österreich nie an Dinge unter Wasser. Alle, die von Unterwasserarchäologie hören, denken immer nur an Schiffsarchäologie, an Wracks und ähnliche Dinge, aber auch in einem Binnenland wie Österreich gibt es dieses Kulturerbe unter Wasser und das wollten wir den Leuten einfach mitteilen. Ein sehr spannender und befriedigender Weg dazu war von Anfang an die Arbeit mit Kindern, denen unsere Geschichten zu erzählen. Über diese Schiene bin ich dann auch zur Kinderuni gekommen.

Es geht mir nicht nur um die Archäologie, sondern prinzipiell um Wissenschaft. Darum, was Menschen machen, wenn sie neugierig sind.  Da ist dann auch wieder die Brücke gelegt zu den Kindern, weil Kinder einfach extrem neugierig sind und die Wissenschaft, jede Forschung, aus dieser Neugier generiert wird. Wenn man Kinderuni macht, kriegt man auch als Wissenschaftler ganz viel zurück. Man beginnt seine Projekte neu zu denken, weil man sie anders erklären muss, als man es gewohnt ist und das ist einfach eine faszinierende Sache.

(c) Cyril Dworsky
Ich mache damit sicher ganz andere Dinge, als ich es mir früher vorgestellt habe. Aus organisatorischen Gründen komme ich nicht mehr dazu, Archäologie im eigentlichen Sinne zu betreiben. Also, ich schlüpfe nicht mehr in den Taucheranzug  und mache meine Untersuchungen unter Wasser, sondern versuche einerseits dafür zu sorgen, dass die Fundstellen, die es gibt, gut betreut, erforscht und geschützt werden und, damit zusammenhängend, dass das Thema auch zukünftigen Generationen von Archäologen und Archäologinnen ein Anliegen ist. Und, dass diese auch eine Möglichkeit haben, in diesem Bereich zu arbeiten. Heutzutage gibt es das ja selten, dass Leute wirklich gut unterstützt werden an den Universitäten. Ich versuche dafür zu sorgen, dass die Beschäftigung mit dem Thema Pfahlbau eine Perspektive für junge WissenschaftlerInnen ist, die nicht ganz so absurd aussieht, wie für mich damals.

Natürlich tue ich diese Arbeit auch mit etwas Wehmut. Ich habe jetzt Zugang zu Quellen, die mir früher verschlossen waren. Wir sind im Naturhistorischen Museum in Wien angesiedelt, an der prähistorischen Abteilung. Im Tiefenspeicher des Naturhistorischen Museums gibt es eine unglaublich Fülle an Fundstücken aus der Pfahlbauzeit und wenn man sich das anschaut, dann reizt es einen schon sehr hier weiterzumachen. Es ist klar, dass ich im Moment einfach keine Chance habe, an einem Thema inhaltlich zu arbeiten und das tut mir natürlich leid. Und wenn ich, wie heute, am See bin, dann juckt es mich schon, wieder in die Fluten zu steigen. Auch, wenn es kalt draußen ist, aber das stört einen nur die ersten zwei Tage. Aber meine Arbeit macht in anderen Bereichen dafür sehr viel Spaß. Gerade im Kontakt mit Leuten, die mit Archäologie bisher wenig zu tun hatten. Wenn Leute, die nahe der Fundstellen wohnen, sagen, ok, das ist jetzt kein unnötiges Trara um ein paar Stempen im Wasser, sondern etwas Spannendes. Wenn die Leute verstehen, dass man das nicht nur für die reine Wissenschaft macht, sondern, dass das auch immer untrennbar verbunden ist mit dem eigenen Werdegang, dem Werdegang einer ganzen Region. Es ist natürlich ein riesen Glücksfall gewesen, dass wir dieses UNESCO Welterbe-Projekt machen konnten, wir bekommen auch eine ganz neue Aufmerksamkeit dadurch.

(c) Cyril Dworsky
Die Momente, wenn es einem am meisten Spaß macht und man weiß, warum man das tut, die erlebe ich schon in der Vermittlung. Ein konkretes Beispiel war für mich sehr beeindruckend: Ich habe eine Kinderuni-Vorlesung in einem Beserlpark in einem Wiener Außenbezirk gehalten. Gleich am Anfang ist ein Jugendlicher, etwa ein Zwölfjähriger, zu mir gekommen und hat gefragt, was man denn als Archäologe so verdient. Dann muss man halt sagen, dass man sicher nicht reich wird damit. Wenn für ihn die Verdienstmöglichkeiten das Kriterium dafür sind, welchen Berufsweg er später einschlagen wird, dann muss man ihm davon abraten, in die Archäologie zu gehen. Und für ihn war das dann auch so. Nach dieser Vorlesung ist er dann aber noch einmal zu mir gekommen und hat gesagt, das was ich ihm da erzählt hab, was wir da gemeinsam gemacht haben, das sei schon sehr spannend. Er würde sich überlegen, ob das nicht doch auch ein Weg wäre. Auch, wenn es jetzt nicht so viel einbringt und er sich damit auch nicht den Sportwagen finanzieren kann. Das sind Momente, die einen froh machen.  

Irgendwann würd schon gern im wirklich Warmen tauchen, meinetwegen auch erst, wenn ich 75 bin. Man weiß ja ohnehin nicht, wie lange man in Zukunft arbeiten werden muss und, ja, ich kann mir gut vorstellen meine Arbeit auch noch mit 75 zu machen. Momentan habe ich das Glück, in beiden meinen Jobs ein wahnsinnig angenehmes Arbeitsumfeld zu haben mit Leuten, denen ich vertraue, wo ich das Gefühl hab, dass wir uns gegenseitige Achtung entgegenbringen. Es sind zwei ganz unterschiedliche Jobs und dadurch ist es auch extrem vielfältig. Fad wird mir nie.“

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